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08. Januar 2024: Schluss mit fehlgeleiteten Agrarsubventionen und Klientelpolitik

Menschen für Tierrechte fordert ein eigenes Ministerium für Tierschutz

Heute starten die Bauern eine Protestwoche, mit der sie bundesweit gegen die schrittweise Streichung der Steuervergünstigung von Agrardiesel protestieren. Mit tausenden von Traktoren blockieren sie Autobahnauffahrten und Verkehrsknotenpunkte. Ziel ist es, den Verkehr in ganz Deutschland lahmzulegen. In einigen Kreisen fällt der Schulunterricht aus. Der Bauernverband hält an den massiven Protesten fest, obwohl die Bundesregierung ihre ursprünglichen Sparpläne bereits zurückgenommen hat.

Dazu kommentiert Christina Ledermann, Vorsitzende vom Bundesverband Menschen für Tierrechte:

„Die Proteste sind in keiner Hinsicht gerechtfertigt! Wenn der Staat aus guten Gründen einen Teil der schädlichen Agrarsubventionen kürzen will, legen die Landwirt:innen ganz Deutschland lahm und bedrohen Politiker. Sie pochen dabei auf einen Sonderstatus, der keiner anderen gesellschaftlichen Gruppe zugestanden wird.

Nein liebe Landwirt:innen, mit diesen unsäglichen Auftritten werdet ihr nicht erreichen, dass die Menschen eure Arbeit mehr wertschätzen – im Gegenteil! Im Gegensatz zu den vielgescholtenen Klimaklebern geht es euch vor allem um eure eigenen wirtschaftlichen Vorteile und Privilegien.

Die Politik auf Bundes- und EU-Ebene muss die mächtige Agrarlobby endlich in die Schranken weisen und die fehlgeleiteten Agrarsubventionen endlich zukunftsfähig im Sinne Aller ausrichten. Denn: Kein Wirtschaftsbereich wird so stark mit öffentlichen Geldern gefördert. Mit 387 Milliarden fließt mehr als ein Drittel des Gesamthaushalts der EU in die Landwirtschaft. Diese horrenden Subventionen machen fast die Hälfte des Einkommens der Landwirtinnen aus – und diese steigen. Im letzten Wirtschaftsjahr 2022/23 stieg ihr durchschnittliches Einkommen um 45 Prozent. Auf der anderen Seite würde die Abschaffung der Diesel-Steuererleichterung die Einkommen der Landwirt:innen um gerade einmal vier Prozent im Schnitt mindern.

Doch es geht nicht nur darum, dass die Proteste ungerechtfertigt sind. Es geht auch um die immensen Schäden, die durch diese fehlgeleiteten Agrarsubventionen entstehen. Die mächtige Agrarlobby hat dafür gesorgt, dass der Löwenanteil der Gelder immer noch hauptsächlich an Großbetriebe geht. Diese betreiben zumeist konventionelle Landwirtschaft und industrielle Tierhaltung. Statt im Sinne der Allgemeinheit die Biodiversität auf Feldern und Wiesen zu fördern, Moore wieder zu vernässen und nachhaltige pflanzliche Eiweißträger anzubauen, werden viele Landwirt:innen dadurch reich, dass sie Tiere und Böden ausbeuten und die Umwelt mit Pestiziden belasten. Für die Folgeschäden kommt am Ende wiederum die Allgemeinheit auf.

Die Politik muss endlich die unsägliche Klientelpolitik beenden. In den Parlamenten auf Landes-, Bundes- und EU-Ebene entscheiden immer noch Landwirte als Abgeordnete über die Subventionen, von denen sie selbst profitieren. Um diesen skandalösen Filz zu entflechten, muss der Tierschutz endlich ein eigenes Ministerium erhalten. Unter dem Dach des Landwirtschaftsministeriums, das völlig konträre Interessen verfolgt, haben Fortschritte im Tierschutz keine Chance.

Das muss sich dringend ändern. Das Szenario multipler Krisen zeigt so deutlich wie nie, wie dringlich der grundlegende Systemwechsel unseres Landwirtschafts- und Ernährungssystems ist. Statt die Ausbeutung der natürlichen Ressourcen und der Tiere weiter zu zementieren, brauchen wir endlich eine echte Agrarwende weg von der Tierhaltung, hin zum nachhaltigen Anbau pflanzlicher Eiweißträger! Es geht hier um unser aller Zukunft.“

Mehr zu den Forderungen des Verbandes für eine Agrar- und Ernährungswende lesen Sie hier.

Hintergrundinformationen

  • Nach Informationen des Bundesinformationszentrum Landwirtschaft (BZL) ist das durchschnittliche Einkommen in der Landwirtschaft im Wirtschaftsjahr 2021/2022 um mehr als 32 Prozent gegenüber dem Vorjahr gestiegen. Außerdem stammt fast die Hälfte der Einkommen in der Landwirtschaft stammen aus öffentlichen Geldern. Nach Angaben des Deutschen Bauernverbands stiegen die Einkommen sogar um 45 Prozent.
  • Die Abschaffung der Diesel-Steuererleichterung würde diese stark gestiegenen Einkommen im Schnitt um gerade einmal vier Prozent mindern.
  • 387 Milliarden Euro aus dem EU-Gesamthaushalt (2021 bis 2027) fließen in die Landwirtschaft. Da der Großteil des Geldes anhand der bewirtschafteten Fläche verteilt wird, profitieren Großbetriebe am stärksten.
  • Die durchschnittliche Subventionssumme, liegt bei rund 270 bis 280 Euro pro Hektar
  • Die Landwirt:innen bekommen überproportional viele Steuergelder, obwohl sie nur 1 Prozent der Erwerbstätigen in Deutschland stellen.
  • Zahlen zur Überproduktion landwirtschaftlicher Güter in Deutschland:
    109 Prozent bei Getreide
    105 Prozent bei sogenanntem Geflügelfleisch
    102 bei Rind- und Kalbfleisch
    121 bei Käse
    150 Prozent bei Zucker und Kartoffeln
  • Der Milliardär und Brillenunternehmer Günther Fielmann kassierte 2021 und 2022 mehr als 1,2 Millionen Euro an EU-Agrarmitteln
  • Aus dem kürzlich veröffentlichten Ernährungs- und Landwirtschaftsreport der FAO geht hervor, dass die Agrar- und Ernährungssysteme zehn Billionen US-Dollar versteckte Kosten verursachen. Neben den hohen Folgekosten durch ungesunde Ernährung weist die FAO auf die immensen weltwirtschaftlichen Kosten durch Treibhausgasemissionen, Stickstoffeinträge und die Wasserverschwendung durch die industrielle Landwirtschaft hin.
  • Eine Studie des Umweltbundesamts (UBA) kommt zu dem Ergebnis, dass Deutschland 2018 mindestens 65,4 Milliarden Euro für umwelt- und klimaschädliche Subventionen ausgegeben hat.
  • Nach Berechnungen der Studie „Milliarden für die Tier:industrie“ fließen über 13 Mrd. Euro aus öffentlichen Geldern jährlich allein in die industrielle Tierhaltung. Außerdem fördert der Staat tierische Produkte wie Fleisch, Butter, Milch, Eier durch den ermäßigten Mehrwertsteuersatz von 7 Prozent.

Pressestelle Menschen für Tierrechte:
Christina Ledermann
Mobil: 0179/450 46 80
E-Mail: ledermann@tierrechte.de


Menschen für Tierrechte – Bundesverband der Tierversuchsgegner e.V.
Severinusstr. 52, 53909 Zülpich
Tel: 02252/830 12 10
www.tierrechte.de
www.ausstieg-aus-der-tierhaltung.de
www.ausstieg-aus-dem-tierversuch.de
www.invitrojobs.de
www.satis-tierrechte.de
www.stadttauben.de


Der Bundesverband Menschen für Tierrechte setzt sich seit seiner Gründung 1982 auf rechtlicher, politischer, wissenschaftlicher und gesellschaftlicher Ebene für die Anerkennung elementarer Tierrechte ein und kämpft gegen jeglichen Missbrauch von Tieren. Das langfristige Ziel ist eine grundsätzliche Veränderung des Mensch-Tier-Verhältnisses. Dem Dachverband mit Hauptsitz in Zülpich (früher Aachen) sind Vereine sowie private Fördermitglieder angeschlossen. Seine Stärke liegt im Zusammenwirken von Seriosität, Fachwissen und Lobbyarbeit auf höchster politischer Ebene. Dazu verfolgt der Verband einen Masterplan zum Ausstieg aus dem Tierversuch und eine Ernährungs- und Agrarwende von der tierischen zur pflanzlichen Eiweißproduktion. Mit dem Projekt Ausstieg aus der Tierhaltung zeigt er Landwirt:innen Alternativen auf, wie sie auch ohne sogenannte Nutztiere erfolgreich und nachhaltig wirtschaften können. Um tierversuchsfreie Methoden voranzubringen, veröffentlicht der Verband das „Ersatzverfahren bzw. Replace des Jahres“ sowie das: „Versuchstier des Jahres“, betreibt die Wissenschaftsplattform InVitro+Jobs für eine konsequente Förderung der tierversuchsfreien Forschung und setzt sich mit dem Projekt SATIS für eine humane Ausbildung ein. Außerdem unterstützt der Verband das tierschutzkonforme Stadttaubenmanagement und gibt mehrmals im Jahr das Magazin tierrechte heraus. Neben einem Themenschwerpunkt informiert die Zeitschrift Journalisten, Wissenschaftler, Politiker, Behörden und Verbandsmitglieder über aktuelle Entwicklungen in der politischen Tierrechtsarbeit. Zudem erscheint zweimal monatlich der Tierrechte Newsletter. Der Bundesverband Menschen für Tierrechte ist seit seiner Gründung als gemeinnützig und besonders förderungswürdig anerkannt. Beiträge und Spenden sind steuerlich absetzbar.

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