Das Szenario multipler Krisen zeigt so deutlich wie nie, wie dringlich der grundlegende Systemwechsel unseres Landwirtschafts- und Ernährungssystems ist. Dies bestätigen wissenschaftliche Studien, die Weltgesundheitsorganisation (WHO) und der Weltklimarat. Jetzt ist DER Moment, diesen Wandel endlich einzuleiten. Doch aktuell finanzieren wir mit unseren Steuergeldern das Gegenteil. Dies muss sich dringend ändern. Die Politik muss gezielte politische Lenkungsmaßnahmen einzuführen. Dazu will der Bundesverband Menschen für Tierrechte aktiv beitragen – mit seiner Kampagne für eine Agrar- und Ernährungswende.
Durch die multiplen Krisen ist der Druck auf unser Landwirtschafts- und Ernährungssystem so groß wie nie. Dafür ist maßgeblich die Produktion von Fleisch und anderen tierischen Produkten verantwortlich. Sie erzeugt nicht nur millionenfaches Tierleid, Fleisch, Käse und Milch sind aktuell für 84 Prozent der Treibhausgase in der EU-Landwirtschaft verantwortlich.
Verschwendung von Nahrungsmitteln und Agrarflächen
Hinzu kommt die Verschwendung von Agrarflächen: In Deutschland werden derzeit 60 Prozent und weltweit 80 Prozent der Kulturflächen genutzt, um Tierfutter herzustellen. Der konventionelle Anbau auf diesen Flächen ist wiederum für 77 Prozent des Verlustes an Artenvielfalt verantwortlich. All dies müsste nicht sein: Denn mit einer pflanzenbasierten Ernährung könnten dreimal so viel Nahrungsmittel erzeugt werden. Eine vegetarische Ernährung reduziert zudem die negativen Auswirkungen auf die Biodiversität um 46 Prozent, bei einer veganen Ernährungsweise würden sich die Auswirkungen halbieren. Ein Abbau der Tierzahlen und eine Ernährungsumstellung würden außerdem große Landflächen für den ökologischen Landbau sowie für notwendige Klima- und Artenschutzmaßnahmen freimachen. Das Ziel muss deswegen die Umstellung auf eine nachhaltige, klimafreundliche und pflanzenbasierte Ernährung sein. Dies bestätigen aktuelle wissenschaftliche Studien.
Harvard-Studie fordert Ernährungs- und Agrarwende
Eine globale Ernährungswende hin zu einer hauptsächlich pflanzenbasierten Ernährung könnte laut einer Studie des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) ein entscheidender Hebel sein, um die globale Erwärmung auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen. Eine im März 2024 veröffentlichte Harvard-Studie zeigt ebenfalls die entscheidende Rolle des Ernährungssystems auf. Zur Eindämmung des Klimawandels fordern die Wissenschaftler:innen die Reduktion der Emissionen aus der Tierhaltung in nationale und globale Klimastrategien zu integrieren. Ziel müsse eine Ernährungsumstellung und die Reduzierung sowohl des Verbrauchs tierischer Produkte als auch der Anzahl der gehaltenen Tiere sein. Nötig seien umfassende politische Maßnahmen, beispielsweise Richtlinien, die einer pflanzlichen Ernährung Vorrang einräumen sowie Prämien für Landwirt:innen, die aus der Tierhaltung aussteigen.
Gezielte Lenkung statt freiwillige Maßnahmen
Zu einer Umstellung auf eine „pflanzenbasiertere Ernährung“ hatte auch der Generaldirektor der Weltgesundheitsorganisation (WHO) auf der UN-Klimakonferenz in Dubai 2023 aufgerufen. Auch der Weltklimarat betont die Bedeutung einer Agrar- und Ernährungswende. Die EU-Mitgliedstaaten empfehlen zwar mittlerweile eine Umstellung auf eine „pflanzenbasiertere Ernährung“ in ihren Ernährungsempfehlungen. Auch der Lebensmitteleinzelhandel hat dies erkannt. Eine Studie ergab, dass einige Supermarktketten die Proteinwende vorantreiben, indem sie ihr Warenangebot zunehmend nach der Planetary Health Diet ausrichten. Doch diese freiwilligen Maßnahmen reichen nicht aus. Damit die notwendige Wende gelingt, sind gezielte politische Lenkungsmaßnahmen nötig.
Die Klima-Tricks der Tierindustrie: Verzögern, verschleiern, ablenken
Denn nicht alle Beteiligten sind bereit für diese wichtige Transformation. Widerstand kommt beispielsweise von den großen Fleisch- und Milchkonzernen. Eine Analyse der Organisation Changing Markets zeigt, dass Nestlé, Danone, Cargill und Co. alles tun, um Klimaschutz-Bemühungen zum Scheitern zu bringen. Um Regulierungen zuvorkommen, kündigen sie freiwillige Maßnahmen an.
Strategie für tier- und klimafreundliche Ernährungsformen
Um der Politik konkrete Maßnahmen an die Hand zu geben, hat Menschen für Tierrechte einen Maßnahmenkatalog für eine Agrar- und Ernährungswende erarbeitet. Dieser basiert auf den Ergebnissen wissenschaftlicher Studien. Neben einer breit angelegten Informations- und Bildungskampagne für eine pflanzenbasierte Ernährung fordert der Verband die Abschaffung der Mehrwertsteuer für pflanzliche Nahrungsmittel sowie eine Abgabe auf tierische Produkte.
Nötig: Anreize für Abbau der Tierbestände
Die Einnahmen sollten in Umstiegsförderungen für Landwirt:innen fließen, die aus der Tierhaltung aussteigen. Denn den Tierhalter:innen müssen dringend Anreize geboten werden, die sie zum Abbau ihrer Tierbestände und zum Umstieg auf zukunftsfähige Geschäftsmodelle wie die Produktion pflanzlicher Eiweißträger ermutigen. Dazu brauchen wir Ausstiegsprogramme, Förderungen und unabhängige Beratungsmöglichkeiten.
Hoch subventioniert: Produktion tierischer Lebensmittel
Außerdem muss jeder Steuer-Cent der fast 400 Milliarden schweren EU-Agrarsubventionen in eine konsequente Transformation unserer Landwirtschaft fließen. Bisher ist das Gegenteil der Fall: Aktuell verdienen die Landwirt:innen daran, dass sie Tiere und Böden ausbeuten, die Klimakrise anheizen und die Umwelt mit Pestiziden belasten. Für die Folgeschäden kommt am Ende wiederum die Allgemeinheit auf.
Klimaschädliche Produktion wird gefördert
Nach einer Studie von April 2024 fließen 82 Prozent der Milliardenförderung in die Produktion tierischer Lebensmittel. 38 Prozent fördern die Tierhaltung direkt, 44 Prozent gehen in die Futtermittelproduktion. Auf die Getreide-, Gemüse oder Obstproduktion entfallen damit nur rund 18 Prozent der Gelder. Ein Gutachten von August 2024 belegt, dass Deutschland klimaschädliche Technologien mit 35,8 Milliarden Euro pro Jahr subventioniert. Zweitgrößtes Einsparpotenzial liegt danach bei der Landwirtschaft. Allein durch die Anhebung des Mehrwertsteuersatzes für tierische Produkte ließen sich 17 Millionen Tonnen einsparen.
EU-Agrarsubventionen umbauen
Um diese schädliche und kontraproduktive Agrarpolitik zu beenden, müssen alle Subventionen konsequent nach Umwelt-, Tierschutz- und Klimakriterien umgebaut werden. Landwirt:nnen müssen künftig dabei unterstützt werden, einerseits nachhaltig pflanzliche Lebensmittel und regenerative Energien zu erzeugen und andererseits im Sinne des Gemeinwohls die Biodiversität auf Feldern und Wiesen zu fördern und Moore wieder zu vernässen.
Download der 10-seitigen Broschüre Forderungen für eine Agrar- und Ernährungswende als PDF.
Die zehn Forderungen in Kürze
1. Strategie für tier- und klimafreundliche Ernährungsformen
2. Tierbestände drastisch reduzieren
3. Weg von der Tierhaltung: Umstiegswillige Landwirt:iInnen fördern
4. Forschungsförderung für tierlose Anbausysteme
5. Tierschutzrecht, Vollzug und Gerichtsbarkeit stärken
6. Agrarsubventionen ökologisieren
7. Schädliche Subventionen beenden
8. Ökosysteme renaturieren und pflegen
9. Schluss mit der Exportorientierung
10. Regionaler Anbau statt Soja-Importe