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20. November 2023: Illegale Tierversuche: NDR-Recherche deckt gravierende Verstöße auf

Die Recherchen des NDR zu illegalen Tierversuchen in Deutschland belegen, was Tierschutz- und Tierrechtsverbände schon lange anprangern: In deutschen Tierversuchslaboren leiden und sterben nicht nur Millionen von Tieren, es wird dort auch gegen die geltenden Gesetze verstoßen. Doch statt die illegalen Tierquälereien streng zu ahnden, kommen die Forscher:innen mit geringen Strafen davon. Der Bundesverband Menschen für Tierrechte fordert die Bundesregierung auf, die massiven Missstände im Genehmigungs- und Kontrollverfahren sowie beim Vollzug von Tierschutzverstößen bei der laufenden Überarbeitung des Tierschutzgesetzes endlich konsequent zu beseitigen. Außerdem fordert der Tierrechtsverband die zügige Erarbeitung und Umsetzung der angekündigten Reduktionsstrategie zu Tierversuchen, als ersten Schritt für einen langfristigen Ausstieg aus dem Tierversuch.

Die heute veröffentlichten Recherchen des NDR [1] zu Kontrollen, Verstößen und Strafen bei ungenehmigten Tierversuchen unterstreichen, was Tierschutz- und Tierrechtsverbände schon seit Jahren anprangern: Es besteht dringender Handlungsbedarf für eine Überarbeitung der geltenden Vorschriften.

Zahlreiche Verstöße behördlich bekannt
Den gesammelten Daten des NDR zufolge führten Labore in 9 Bundesländern in den vergangenen zwei Jahren Tierversuche ohne Genehmigung, beziehungsweise nicht entsprechend der genehmigten Anträge durch. Mehrfach wurde die genehmigte Anzahl der Tiere überschritten oder mehr Tiere wurden als sogenannte „Überschuss“-Tiere getötet, als erlaubt. Teilweise wurde auch vom genehmigten Versuchsablauf abgewichen, was eine veränderte Belastung der Tiere mit sich bringt – ein schwerwiegender Verstoß, denn die zu erwartende Belastung eines Tieres muss von den Versuchsdurchführenden im Genehmigungsantrag angegeben werden. Gravierende Verstöße wurden auch bei der Schmerzbehandlung von Tieren aufgedeckt, die Tiere litten dadurch noch mehr, als der Versuch ursprünglich erwarten ließ. Auch wurden nicht genehmigte Narkoseverfahren eingesetzt.

Milde Strafen für die Labore
All diese Fälle sind durch Kontrollen erfasst und bearbeitet worden. Die Strafen für die erfassten Verstöße fielen jedoch mild aus. Es wurden Bußgelder zwischen 750 und 1500 € für ungenehmigte Tötungen oder verlängertes Leid von Tieren in Versuchen verhängt. Viele Verfahren wurden ohne Strafe eingestellt oder lediglich eine Verwarnung ausgesprochen.

Fehler müssen behoben werden
Seit Jahren beschäftigt sich der Bundesverband Menschen für Tierrechte bereits intensiv mit den massiven Missständen im gesamten Genehmigungsprozess von Tierversuchen. Derzeit überarbeitet die Bundesregierung das Tierschutzgesetz, weshalb der Bundesverband sich im Bündnis mit weiteren Tierschutz- und Tierrechtsorganisationen wiederholt an die Bundesregierung gewandt hat, diese eklatanten Defizite im Tierversuchsrecht unbedingt im Zuge der aktuellen Überarbeitung zu beheben [2]. Die Bundesregierung muss außerdem ihre Ankündigung aus dem Koalitionsvertrag wahrmachen und Teile des Tierschutzrechts in das Strafrecht überführen.

Verstöße müssen zu echten Konsequenzen führen
„Wir appellieren an die Bundesregierung, die Fehler der Vorgängerregierung jetzt durch Änderungen im Tierschutzgesetz und in der Tierschutzversuchstierverordnung zu korrigieren. Strafen für das Abweichen von beantragten Tierversuchen müssen härter ausfallen, um eine Verhaltensänderung herbeizuführen. Dass die aufgedeckten Verstöße nur mit einem geringen Bußgeld oder gar nur einer Verwarnung geahndet werden, signalisiert, dass der ganze Genehmigungsprozess im Prinzip ein Feigenblatt ist und ohne große Konsequenzen einfach ignoriert werden kann“, kritisiert Carolin Spicher, Fachreferentin zum Thema Tierversuche beim Bundesverband Menschen für Tierrechte.

Reduktionsstrategie als Einstieg in den Ausstieg
Kürzlich wurde bekannt, dass die Bundesregierung zwei Millionen Euro für die Erarbeitung der angekündigten Reduktionsstrategie zu Tierversuchen bereitstellen wird. Der Bundesverband begrüßt, dass die Bundesregierung ihr Versprechen aus dem Koalitionsvertrag angehen will und fordert eine zügige Erarbeitung und Umsetzung, als ersten Schritt für einen langfristigen Ausstieg aus dem System Tierversuch.

 

[1] NDR.de: Illegale Tierversuche: Gravierende Verstöße in Versuchslaboren

[2] Offener Brief an Cem Özdemir: Tierschutzbündnis fordert Korrektur des Tierversuchsrechts

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E-Mail: ledermann@tierrechte.de
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Der Bundesverband Menschen für Tierrechte setzt sich seit seiner Gründung 1982 auf rechtlicher, politischer, wissenschaftlicher und gesellschaftlicher Ebene für die Anerkennung elementarer Tierrechte ein und kämpft gegen jeglichen Missbrauch von Tieren. Das langfristige Ziel ist eine grundsätzliche Veränderung des Mensch-Tier-Verhältnisses. Dem Dachverband mit Hauptsitz in Zülpich (früher Aachen) sind Vereine sowie private Fördermitglieder angeschlossen. Seine Stärke liegt im Zusammenwirken von Seriosität, Fachwissen und Lobbyarbeit auf höchster politischer Ebene. Dazu verfolgt der Verband einen Masterplan zum Ausstieg aus dem Tierversuch und eine Ernährungs- und Agrarwende von der tierischen zur pflanzlichen Eiweißproduktion. Mit dem Projekt Ausstieg aus der Tierhaltung zeigt er Landwirt:innen Alternativen auf, wie sie auch ohne sogenannte Nutztiere erfolgreich und nachhaltig wirtschaften können. Um tierversuchsfreie Methoden voranzubringen, veröffentlicht der Verband das „Ersatzverfahren bzw. Replace des Jahres“ sowie das: „Versuchstier des Jahres“, betreibt die Wissenschaftsplattform InVitro+Jobs für eine konsequente Förderung der tierversuchsfreien Forschung und setzt sich mit dem Projekt SATIS für eine humane Ausbildung ein. Außerdem unterstützt der Verband das tierschutzkonforme Stadttaubenmanagement und gibt mehrmals im Jahr das Magazin tierrechte heraus. Neben einem Themenschwerpunkt informiert die Zeitschrift Journalisten, Wissenschaftler, Politiker, Behörden und Verbandsmitglieder über aktuelle Entwicklungen in der politischen Tierrechtsarbeit. Zudem erscheint zweimal monatlich der Tierrechte Newsletter. Der Bundesverband Menschen für Tierrechte ist seit seiner Gründung als gemeinnützig und besonders förderungswürdig anerkannt. Beiträge und Spenden sind steuerlich absetzbar.