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02. März 2023: Tiertransporte: Entzug der Veterinärzertifikate reicht nicht aus

Offener Brief von acht Tierschutzorganisationen an Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir: Entzug der Veterinärzertifikate reicht nicht, um Tiertransporte zu verhindern

In einem heute veröffentlichten Offenen Brief fordern acht Tierschutzorganisationen Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir auf, grausame Lebendtiertransporte aus Deutschland in Drittstaaten außerhalb der EU durch eine nationale Rechtsverordnung zu verbieten. Zu den unterzeichnenden Tierschutzorganisationen gehören die globale Tierschutzstiftung VIER PFOTEN, Menschen für Tierrechte – Bundesverband der Tierversuchsgegner e. V., der Bundesverband Tierschutz e.V., die Deutsche Juristische Gesellschaft für Tierschutzrecht e. V., PROVIEH e. V., Animal Welfare Foundation, der Bund gegen Missbrauch der Tiere e. V. und die Albert Schweitzer Stiftung für unsere Mitwelt.

„Wir begrüßen, dass das Bundeslandwirtschaftsministerium deutsche Veterinärbescheinigungen für Exporte lebender Rinder, Schafe und Ziegen zur Zucht aus Deutschland in Länder außerhalb der Europäischen Union zum 01. Juli 2023 zurückziehen will. Allerdings geht der Effekt dieses Schrittes nicht über eine Signalwirkung hinaus. Minister Özdemir sagt, dass er alles rechtlich Mögliche getan habe, um Lebendtiertransporte in Drittstaaten zu begrenzen. In der TV-Sendung ,maischberger‘ hatte er sogar angegeben, dass per Anordnung keine Transporte mehr in Drittstaaten stattfinden würden. Doch Fakt ist: Deutsche Transporte in Drittstaaten werden weitergehen. Um dies zu verhindern, muss Minister Özdemir den Export deutscher Lebendtiertransporte in Drittstaaten verbieten. Das dies rechtlich möglich ist, stellen mehrere Gutachten, darunter eines des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestages fest.

Deutschland muss vorangehen
Es ist ein gutes Zeichen, dass Deutschland sich auf EU-Ebene mit Belgien, den Niederlanden, Schweden und Dänemark für Verbesserungen des Tierschutzes bei Transporten im Agrarrat stark gemacht hat. Aber es reicht nicht, auf eine in weiter Ferne liegende EU-weite Lösung zu warten, die noch jahrelanges Tierleid auf den grausamen Tiertransporten bedeutet. Deutschland muss jetzt eine Vorreiterrolle einnehmen, um ein Verbot auf EU-Ebene zu forcieren. Nur wenn es Mitgliedstaaten gibt, die bereits ein nationales Verbot umgesetzt haben, wird ein EU-weites Verbot wahrscheinlich. Wir appellieren an den Minister Özdemir: Gehen Sie als grüner Bundeslandwirtschaftsminister mit einem klaren nationalen Drittlandexportverbot voran und setzen Sie ein wirkungsvolles Zeichen für die Tiere“, sagt Rüdiger Jürgensen, Mitglied der Geschäftsleitung VIER PFOTEN Deutschland.

Tiertransporteure werden Hürde umgehen
Schon jetzt hat etwa der große Tiertransporteur VOST (Verein Ostfriesischer Stammviehzüchter) angekündigt, dass man zwar durch den Entzug der Veterinärzertifikate zukünftig „deutlich mehr Papierkram“ zu erledigen habe, aber dennoch bereits nach Lösungen suche, um die Transporte in Drittstaaten fortsetzen zu können. Es ist davon auszugehen, dass die Händler bis zum 01. Juli 2023 voraussichtlich so gut vorbereitet sein werden, dass die Transporte ungebremst weitergehen können. Denn Tiere können trotz entzogener Bescheinigung durch das Bundesministerium weiter in Länder außerhalb der EU exportiert werden: Ein Entzug der Veterinärzertifikate ist nicht mit einem Exportverbot gleichzusetzen. Ist ein Drittland an lebenden Tieren oder tierischen Erzeugnissen interessiert, ist eine zwischen dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft und dem Drittland abgestimmte Veterinärbescheinigung nicht zwingend erforderlich.

Transporte werden trotzdem durchgeführt
Veterinärbescheinigungen können den Handelsbeteiligten auch unmittelbar durch Drittstaaten zur Verfügung gestellt oder zwischen den Handelspartner:innen direkt vereinbart werden. Darüber hinaus betrifft das Zurückziehen der bilateralen Veterinärbescheinigungen nicht alle Drittstaaten, in die Deutschland lebende Tiere transportiert: So bestehen zum Beispiel für einige Drittländer weiterhin Veterinärzertifikate, die zwischen der EU und Drittländern verhandelt wurden. Für viele Exporte in Staaten wie beispielsweise Russland, die Türkei, Kasachstan oder Usbekistan ändert sich durch die Handlungen des Ministeriums rein gar nichts und für die anderen Länder werden die Handelsbeteiligten vermutlich Veterinärzertifikate ohne BMEL-Beteiligung abstimmen.

Hintergrund zu Tiertransporten
Jedes Jahr werden Zehntausende Rinder von Deutschland aus in EU-Länder und in weit entfernte Drittstaaten wie Algerien, Marokko oder nach Ägypten transportiert. Die Tiere leiden tage- bis wochenlang unter Hitze oder Kälte, Durst, Hunger, Verletzungen, Stress und Angst. Vorgeschriebene Pausen werden nicht eingehalten, kaum ein Transport wird kontrolliert. Außerhalb der EU kann die Einhaltung des Tierschutzgesetzes gar nicht mehr überprüft werden. Verstöße gegen geltendes Recht sind an der Tagesordnung.

Katastrophale Bedingungen
Bei Schiffstransporten werden die Tiere gewaltsam in die Schiffe ein- und ausgeladen, immer wieder werden ihnen dabei Knochen und Gliedmaßen gebrochen. Wochenlang sind die Tiere auf dem Meer, viele von ihnen sterben unterwegs an Erschöpfung. Tierärzt:innen sind in der Regel nicht an Bord. Verstorbene Tiere werden über Bord geworfen, was in der Vergangenheit bereits die öffentliche Gesundheit gefährdet hat. Der Transport auf Schiffen gilt als Pausenzeit und fließt nicht in die Transportzeit ein.

Schlachtung ohne Betäubung
Am Zielort werden die Tiere meist ohne Betäubung auf grausame Art getötet. Die Missstände sind seit langem bekannt und verschiedene Rechtsgutachten bestätigen, dass ein Verbot auf nationaler Ebene möglich ist. „Ein nationales Verbot von Tiertransporten in Drittstaaten ist lange überfällig und dringend erforderlich“, so Jürgensen abschließend.

Denn Offenen Brief lesen Sie hier

Die unterzeichnenden Organisationen: Die globale Tierschutzstiftung VIER PFOTEN, Menschen für Tierrechte – Bundesverband der Tierversuchsgegner e.V., der Bundesverband Tierschutz e.V., Deutsche Juristische Gesellschaft für Tierschutzrecht e. V., PROVIEH e. V., Animal Welfare Foundation, der Bund gegen Missbrauch der Tiere e. V. und die Albert Schweitzer Stiftung für unsere Mitwelt.

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Pressestelle:
Christina Ledermann
Mobil: 0179/450 46 80
E-Mail: ledermann@tierrechte.de
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Menschen für Tierrechte – Bundesverband der Tierversuchsgegner e.V.
Severinusstr. 52, 53909 Zülpich
Tel: 02252/830 12 10
www.tierrechte.de
www.ausstieg-aus-der-tierhaltung.de
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www.invitrojobs.de
www.satis-tierrechte.de
www.stadttauben.de


Der Bundesverband Menschen für Tierrechte setzt sich seit seiner Gründung 1982 auf rechtlicher, politischer, wissenschaftlicher und gesellschaftlicher Ebene für die Anerkennung elementarer Tierrechte ein und kämpft gegen jeglichen Missbrauch von Tieren. Das langfristige Ziel ist eine grundsätzliche Veränderung des Mensch-Tier-Verhältnisses. Dem Dachverband mit Hauptsitz in Zülpich (früher Aachen) sind Vereine sowie private Fördermitglieder angeschlossen. Seine Stärke liegt im Zusammenwirken von Seriosität, Fachwissen und Lobbyarbeit auf höchster politischer Ebene. Dazu verfolgt der Verband einen Masterplan zum Ausstieg aus dem Tierversuch und eine Ernährungs- und Agrarwende von der tierischen zur pflanzlichen Eiweißproduktion. Mit dem Projekt Ausstieg aus der Tierhaltung zeigt er Landwirt:innen Alternativen auf, wie sie auch ohne sogenannte Nutztiere erfolgreich und nachhaltig wirtschaften können. Um tierversuchsfreie Methoden voranzubringen, veröffentlicht der Verband das „Ersatzverfahren bzw. Replace des Jahres“ sowie das: „Versuchstier des Jahres“, betreibt die Wissenschaftsplattform InVitro+Jobs für eine konsequente Förderung der tierversuchsfreien Forschung und setzt sich mit dem Projekt SATIS für eine humane Ausbildung ein. Außerdem unterstützt der Verband das tierschutzkonforme Stadttaubenmanagement und gibt mehrmals im Jahr das Magazin tierrechte heraus. Neben einem Themenschwerpunkt informiert die Zeitschrift Journalisten, Wissenschaftler, Politiker, Behörden und Verbandsmitglieder über aktuelle Entwicklungen in der politischen Tierrechtsarbeit. Zudem erscheint zweimal monatlich der Tierrechte Newsletter. Der Bundesverband Menschen für Tierrechte ist seit seiner Gründung als gemeinnützig und besonders förderungswürdig anerkannt. Beiträge und Spenden sind steuerlich absetzbar.

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