Das immense Tierleid auf Lebendtiertransporten wird in den offiziellen Dokumentation verschleiert
Ein neuer Bericht, der am 28. November 2023 von der europäischen Dachorganisation der Tierschutzverbände, der Eurogroup for Animals sowie der Tierschutzorganisation Compassion in World Farming veröffentlicht wurde, enthüllt das immense Leid, das jährlich rund 44 Millionen Tiere auf den teilweise wochenlangen Tiertransporten erleiden müssen. Die Tierschutzverbände fordern die EU auf, den Export von lebenden Tieren aus der EU in Nicht-EU-Länder zu verbieten. Statt lebende Tiere zu transportieren, soll auf einen Handel mit Fleisch und Schlachtkörpern umgestellt werden. Außerdem fordern die Tierschutzverbände strengere Tierschutzvorgaben für Transporte innerhalb der EU. Der Bundesverband Menschen für Tierrechte unterstützt als Mitglied der Eurogroup for Animals diese Forderungen.
Der Bericht „A data dump of suffering: the EU’s long-distance trade in farm animals exposed“ analysiert eine Reihe bisher unveröffentlichter EU-Aufzeichnungen über den Langstreckentransport von 180.000 Tiertransporten innerhalb und aus der EU von Oktober 2021 bis April 2023. Er enthüllt das Ausmaß und die Art des Leids, das jährlich rund 44 Millionen Tiere erleiden müssen.
Zu den wichtigsten Erkenntnissen des Berichts gehören:
- Über 370.000 nicht abgesetzte Kälber wurden kurz nach der Geburt von ihren Müttern getrennt. Sie wurden teilweise in einem Alter von nur zwei Wochen auf die Transporte geschickt, wobei eine ausreichende Versorgung der Jungtiere mit Milch nicht gewährleistet ist.
- Etwa 300.000 nicht abgesetzte Lämmer werden jedes Jahr allein nach Italien transportiert. Auch sie erleiden lange Transportwege ohne ausreichende Fütterung.
- Tausende von Schafen und Rindern werden auf dem Landweg aus der EU nach Kasachstan, Usbekistan, Kirgisistan, Aserbaidschan, Armenien und Georgien exportiert.
- Frankreich, die Niederlande und Dänemark exportierten Tausende von Schweinen in weit entfernte Länder wie Brasilien, Vietnam, Thailand und Nigeria. Durch den Export von Zuchtsauen, die als Hochleistungstiere sehr große Würfe haben, verbreitet die EU ihr Massentierhaltungsmodell in andere Teile der Welt.
- Millionen von Rindern und Schafen werden lange und leidvolle Seereisen in den Nahen Osten und nach Afrika zugemutet, um dort betäubungslos geschlachtet oder ohne gesicherte Tierschutzstandards weiter gemästet zu werden. Die teilweise schottreifen und ungeeigneten Schiffe sind oft in einem sehr schlechten Zustand. Die Tiere leiden während dieser wochenlangen Reisen unter Hitzestress, Abgasen, mangelnder Bewegung und Hunger.
- Im Jahr 2022 exportierte die EU rund 30.000 trächtige Färsen, hauptsächlich nach Zentral- und Westasien wie Usbekistan und Kasachstan. Diese teils 6.000 Kilometer langen Transporte dauern bis zu drei Wochen.
- Im Jahr 2019 wurden schätzungsweise 54.000 Tonnen lebende Fische zwischen den EU-Mitgliedstaaten transportiert. Die Tiere leiden in den engen Transportbehältnissen unter Hunger, Überfüllung und Verletzungen an Schuppen und Flossen, die ihnen beim Be- und Entladen während des Transports zugefügt werden.
EU-Dokumentationen unvollständig
Der Bericht zeigt auch, dass die Dokumentationen der Transporte durch der EU unvollständig und oft ungenau waren. Länge und Dauer der Transporte werden unterschätzt. Beispiel: Etwa 60 Prozent der Transporte beginnen in Sammelstellen. Die Tiere sind oft jedoch schon viele Stunden zuvor vom Herkunftsbetrieb geliefert worden, ohne dass diese Wartezeit protokolliert werden muss. Viele Transportunternehmen betreiben zudem „Sammelplatz-Hopping“, um zu vermeiden, dass den Tieren während der Fahrt 24 Stunden Ruhe gewährt werden muss.
Vorschlag der EU-Kommission zu Tiertransporten
Die Veröffentlichung des Berichtes erfolgt nur wenige Tage vor der erwarteten Veröffentlichung des Vorschlags der EU-Kommission zu Tiertransporten am 6. Dezember 2023. Die Kommission hat es jedoch versäumt, die weiteren Vorschläge zur Überarbeitung der EU-Tierschutzgesetzgebung zu veröffentlichen, zu deren Vorlage sie sich im Rahmen einer umfassenderen Überarbeitung der Tierschutzvorschriften verpflichtet hat, einschließlich des Verbots der Käfighaltung, das die EU-Kommission ursprünglich für September 2023 angekündigt hatte.
Export von lebenden Tieren verbieten
Die Tierschutzverbände fordern die EU auf, den Export von lebenden Tieren aus der EU in Nicht-EU-Länder zu verbieten. Statt Lebendtransporten sollen sie auf einen Handel mit Fleisch und Schlachtkörpern umstellen und strengere Regeln zum Schutz von Tieren auf Transporten innerhalb der EU erlassen. Der Bundesverband Menschen für Tierrechte unterstützt als Mitglied der Eurogroup for Animals diese Forderungen an die EU-Kommission.
EU-Bürger:innen wollen mehr Tierschutz
Die Forderung nach einem besseren Schutz von Tieren während des Transports wird auch von der Mehrheit der EU-Bürger:innen unterstützt. Die letzte Eurobarometer-Umfrage 2023 ergab, dass acht von zehn Europäern der Meinung sind, dass die Reisezeit für gewerbliche Tiertransporte innerhalb der EU oder aus der EU begrenzt werden sollte. Zudem spricht sich eine überwältigende Mehrheit von neun von zehn Befragten dafür aus, dass sogenannte Nutztiere besser geschützt werden müssen.
Foto: Animal Welfare Foundation