Agrar- und Ernährungswende Allgemein Zelluläre Landwirtschaft

Richtiges Signal: 38 Millionen für alternative Proteine

Am 17. November 2023, also zwei Tage nach dem Schuldenbremsen-Urteil des Bundesverfassungsgerichts, gab die grüne Abgeordnete Zoe Mayer bekannt, dass im Bundeshaushalt (2024) 38 Millionen Euro für die Förderung alternativer Proteinquellen vorgesehen seien. Diese Förderung umfasst auch Umstiegshilfen für den Ausstieg aus der landwirtschaftlichen Tierhaltung. Der Bundesverband Menschen für Tierrechte lobte diese neuaufgelegten Förderprogramme als richtiges Signal. Um einen wirklichen Paradigmenwechsel in der Agrarförderung zu erreichen, müssen jedoch die Agrarsubventionen und die Besteuerung landwirtschaftlicher Produkte insgesamt nach Nachhaltigkeitskriterien ausgerichtet werden.

Die Förderung pflanzlicher Alternativen soll folgende Bereiche umfassen:

  1. Die Eiweißpflanzenstrategie des BMEL wird geändert und soll künftig die Förderung von Eiweißen vornehmlich für die Humanernährung anstatt für Futtermittel umfassen. Hierfür sind acht Millionen Euro für 2024 eingestellt.
  2. Es soll ein Kompetenzzentrum Proteine der Zukunft geschaffen und ein Stakeholder-Forum zu Proteinquellen in der Humanernährung eingerichtet werden.
  3. Es soll zudem ein sogenanntes Chancenprogramm in Höhe von 20 Millionen Euro aufgelegt werden. Dieses bietet Umstiegshilfen für den Ausstieg aus der landwirtschaftlichen Tierhaltung und den Einstieg in die Produktion und Verarbeitung pflanzlicher, fermentierter und zellkultivierter Proteine für die menschliche Ernährung.
  4. Produktions- und Verarbeitungsmethoden pflanzenbasierter, fermentierter und zellkultivierter Proteine und Begleitmaßnahmen für Projekte, die bei der Umstellung auf die Produktion und Verarbeitung alternativer Proteine unterstützen, sollen zudem mit 10 Millionen Euro in 2024 gefördert werden.

Richtiges Signal für zukunftsfähige Landwirtschaft
Der Bundesverband begrüßt, dass, trotz der dramatischen Haushaltslage, die Förderung von alternativen Proteinen und das Chancenprogramm für den Ausstieg aus der Tierhaltung im nächsten Haushalt vorgesehen sind. Auch, dass die Eiweißpflanzenstrategie künftig vor allem die Produktion von Eiweißen für die Humanernährung anstatt für Futtermittel fördern soll ist ein Signal in Richtung einer zukunftsfähigen Landwirtschaft. Um einen wirklichen Paradigmenwechsel in der staatlichen Agrarförderung zu erreichen, müssen die Agrarsubventionen jedoch insgesamt kritisch überprüft und nach Nachhaltigkeitskriterien neu ausgerichtet werden.

Agrarsubventionen und Besteuerung neu ausrichten
Zum Vergleich: Derzeit erhält Deutschland etwa 7 Milliarden Euro Agrarsubventionen pro Jahr. Davon fließt immer noch ein Großteil in die industrielle Landwirtschaft. Dies muss sich umkehren. Außerdem ist die Erhöhung der Mehrwertsteuer auf Fleisch und andere tierische Produkte von aktuell 7 auf 19 Prozent überfällig. Diese Anpassung ist schon allein deshalb ein Muss, um endlich die Folgeschäden der Produktion tierischer Produkte zumindest teilweise einzupreisen. Als wirkungsvolles Lenkungsinstrument hin zu einer umwelt-, klima- und tierfreundlichen pflanzenbasierten Ernährung sollte flankierend die Mehrwertsteuer für Obst, Gemüse, Hülsenfrüchte und pflanzliche Alternativprodukte abgeschafft werden.

Fragwürdig: Fördermittel für Umbau der Tierhaltung
Außerdem kündigte Zoe Mayer an, dass Fördermittel für den Umbau der Tierhaltung zu besseren Haltungsformen freigegeben wurden. Schweinehaltende Betriebe sollen für den Umbau ihrer Tierhaltung zu besseren Haltungsformen bis 2033 mit 705 Millionen Euro aus Haushaltsmitteln unterstützt werden. Diese Förderung sieht der Bundesverband kritisch, denn sie basiert auf der Mitte Juni verabschiedeten Tierhaltungskennzeichnung für Schweine. Dies führt dazu, dass durch die im Tierhaltungskennzeichnungsgesetz definierten unzureichenden Standards auch tierschutzwidrige Haltungsformen gefördert werden. Dies wertet eine schlechte Tierhaltung auf und erzeugt bei Verbraucher:innen den Eindruck, dass das Tier artgerecht gehalten wurde. Es ist zu hoffen, dass die angekündigte Informationskampagne rund um die Tierhaltungskennzeichnung klar herausstellt, dass die unteren Stuften „Stall“ und „Stall&Platz“ dem unzureichenden gesetzlichen Mindeststandard entsprechen und nichts anderes sind als industrielle Tierhaltung.

Förderung stabilisiert Status quo
Insgesamt stabilisiert eine Förderung von Stallumbauten den Status quo und setzt die Tierhaltung auf Jahre fort. Wenn Landwirt:innen jetzt in teure Umbauten ihres Schweinestalles investieren, werden sie diesen auch möglichst lange betrieben wollen. Hinzu kommt, dass diese Gelder nicht für den Abbau der Tierhaltung zur Verfügung stehen. Dabei gehen Studien davon aus, dass sich gerade die nachhaltige Ernährung positiv auf die Agrareinkommen auswirken wird. Seit Jahren sinkt der Konsum von Fleisch und Milch in Deutschland, während der Markt für pflanzenbasierte Alternativprodukte wächst. Mit einem Umsatzplus von 42 Prozent seit 2020 ist Deutschland der mit Abstand größte Markt für vegan-vegetarische Lebensmittel in der EU. Dies bietet neue Chancen für Landwirtinnen und Landwirte. Denn bisher kann dieser Bedarf an Konsumleguminosen durch den Anbau in Deutschland alleine nicht gedeckt werden.

Tierversuche: Reduktionsstrategie schnell umsetzen
Außerdem soll die bereits im Oktober angekündigte Erarbeitung einer Strategie zur Reduktion der Tierversuche im nächsten Jahr angegangen werden. Für die Erarbeitung dieser Strategie stehen nach Aussage Mayers Mittel in Höhe von 1 Millionen Euro bereit, für die nachfolgenden Haushalte sei eine weitere Million vorgemerkt. Der Bundesverband begrüßt, dass die Bundesregierung ihr Versprechen aus dem Koalitionsvertrag angehen will. Die Erarbeitung einer Reduktionsstrategie ist zentral, um die anhaltend hohe Zahl der in Versuchen eingesetzten Tiere endlich systematisch zu verringern. Alle bisherigen Aktivitäten der Vorgängerregierungen seien unkoordiniert gewesen und hätten bei Weitem nicht ausgereicht. Insofern sei dies ein wichtiger Schritt. Nun käme es darauf an, dass die Reduktionsstrategie schnell erarbeitet und noch in dieser Legislatur umgesetzt würde. Menschen für Tierrechte hatte bereits im Juli 2023 – gemeinsam mit einem Bündnis aus 13 weiteren Tierschutz- und Tierrechtsorganisationen – einen Maßnahmenplan für eine tierversuchsfreie Forschung an alle politischen Entscheidungsträger übermittelt.

Foto: Adobestock/Ray