Stadttauben

Scheinheilig: „Friedenstauben“-Flüge

Laut dem Deutschen Brieftaubenverband finden in diesen Tagen bundesweite Friedensflüge statt – als Zeichen der Solidarität und gegen den Krieg in der Ukraine (1). Die Taube soll als Friedenssymbol in den Vordergrund gestellt und Betroffene unterstützt werden, was auch Hilfe für ukrainische Brieftaubenzüchter beinhaltet. Der Bundesverband verurteilt diese Aktion. Vor dem Hintergrund des mit Tierleid verbundenen „Brieftaubensports“, ist es scheinheilig, von der „Friedenstaube“ zu sprechen. Es wird empfohlen, die sogenannten Auflässe den zuständigen Veterinärämtern zu melden und aufgefundene Tiere an die Behörden zu übergeben.

Tauben stehen symbolisch für den Frieden. Doch Wettflüge als Friedenstaubenaktion zu deklarieren, hat nichts mit Frieden zu tun. Denn der sogenannte Brieftaubensport ist tierschutzwidrig. Wenn die Taubenzüchter wirklich hätten helfen wollen, hätten sie Hilfsgüter statt Tauben transportiert. Stattdessen wird mit den Wettflügen massives Tierleid produziert. Viele der in den nächsten Tagen zu Hunderttausenden freigelassenen sogenannten Friedenstauben werden diesen Flug nicht überleben.

50 bis 90 Prozent der Tauben kehren nicht zurück
Meist zwischen April und September werden Trainings- und Wettflüge veranstaltet, für die oftmals Partnertiere getrennt und an entfernte Orte verbracht werden, von denen sie aus nach Hause zurückfliegen müssen. Brieftaubenzüchter versammeln sich und lassen auf diesen sogenannten Auflässen durchschnittlich etwa 1.500 Tauben gemeinsam fliegen, wobei die Auflässe auch Größenordnungen von 25.000 Tieren umfassen können. Allein am 7. und 8. Mai 2022 wurden im Rahmen solcher Wettflüge basierend auf Angaben des Verbandes der Deutschen Brieftaubenzüchter bundesweit schätzungsweise 500.000 Brieftauben fliegen gelassen. Schätzungen gehen davon aus, dass 50 Prozent, in Einzelfällen bis zu 90 Prozent, die Rückkehr nicht schaffen. Viele bleiben aus Erschöpfung auf der Strecke und sterben. Wenn sie überleben, ist ihr Schicksal das Leben einer Straßentaube, geprägt von Hunger, Krankheiten, Parasiten und einer kurzen Lebensdauer. Außerdem vergrößern die Neuzugänge nicht nur das Elend, sondern auch die Stadttaubenpopulationen in den Städten.

Brieftaubenwesen tierschutzwidrig
Der Bundesverband engagiert sich schon lange gegen die Tierschutzmissstände bei Haltung, Selektion und Wettflügen. Bei der Selektion werden „ungeeignete“ Tiere, meist betäubungslos getötet. Leider werden die ohnehin unzureichenden Vorgaben des deutschen Brieftaubenverbands zu Haltung, Transport und zur Durchführung von Distanzflügen meist nicht unabhängig kontrolliert (2).

Was Sie tun können:

  1. Schauen Sie auf der Homepage des Verbandes der Deutschen Brieftaubenzüchter, ob in Ihrem Landkreis oder benachbarten Landkreisen entweder Brieftauben auf die Reise gehen oder sogenannte Auflässe stattfinden. Wenn ja, zeigen Sie diese beim dem zuständigen Veterinäramt an.
  2.  Wenn verirrte Brieftauben auftauchen, fangen Sie diese ein und übergeben Sie sie der für Fundtiere in Ihrer Gemeinde (nicht Landkreis!) zuständigen Behörde. Das ist grundsätzlich das Fundbüro/Rathaus. Es kann aber auch auf jemanden anderes übertragen worden sein z. B. dem Veterinäramt in kreisfreien Städten oder vertraglich an ein Tierheim. Wenn das Fundbüro Sie woanders hin verweist, und diese andere Stelle Sie ebenfalls abweist, lassen Sie sich schriftlich geben, dass diese andere Stelle sich nicht zuständig fühlt. Anschließend gehen Sie wieder zum Fundbüro. Es ist nicht Ihre Aufgabe, die Zuständigkeiten zu klären. Lassen Sie bei Abgabe des Tieres ein Verwaltungskennzeichen geben.
  3.  Damit der Vorgang öffentlich wird, geben Sie parallel eine Information an die Lokalpresse.
  4.  Informieren Sie auch eine übergeordnete Stelle wie den örtlichen Tierschutzverein, Menschen für Tierrechte oder entsprechende Taubennetzwerke, damit das Ausmaß bundesweit erfasst werden kann.

Zum Herunterladen als Word-Dok.:
Vorlage für eine Anzeige beim zuständigen Veterinäramt
Vorlage für eine Pressemitteilung

(1) siehe Pressemitteilung des Deutschen Brieftaubenverbandes: www.brieftaube.de
(2) Tierärztliche Vereinigung für Tierschutz e.V., Tierschutz im Brieftaubensport, Merkblatt Nr. 121, Kapitel 3.8 „Hinweise für eine amtstierärztliche Überwachung“. Abrufbar unter: Downloads