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22. September 2021: Berlin-Wahl: Keine Tierschutzambitionen bei CDU, FDP und SPD

Am 26. September ist nicht nur die Bundestagswahl. Gleichzeitig wählt auch Berlin ein neues Abgeordnetenhaus. Um den Wählern:innen eine Orientierung zu bieten, welche Parteien sich für Tierschutz und Ernährungswende einsetzen wollen, hat der Bundesverband Menschen für Tierrechte die Wahlprogramme und die Tierschutzpläne der Parteien durchforstet. Die Bilanz fällt eindeutig aus: Während die bisher mitregierenden Grünen und Linken weitreichende Tierschutzpläne für die nächste Legislatur vorlegen, enttäuscht die mitregierende SPD. CDU und FDP messen dem Tierschutz in ihren Programmen so gut wie keine Bedeutung bei.

Tierversuche: Grüne und Linke fordern Ausstiegsplan
Bedeutung hat der Tierschutz vor allem in den Wahlprogrammen der Grünen und der Linken. Beide widmen dem Thema eigene Kapitel oder Abschnitte und sprechen sich dafür aus, Tierversuche mit tierversuchsfreien Methoden zu ersetzen. Sie wollen gemeinsam mit allen Stakeholdern einen Ausstiegsplan erarbeiten. In den Wahlprogrammen von SPD, CDU und FDP findet sich nichts zu diesem wichtigen Zukunftsthema. Hier enttäuscht die SPD: Die Berliner Sozialdemokraten hätten, nach Ansicht des Tierrechtsverbandes, zumindest einen Blick in das Wahlprogramm ihrer Bundespartei werfen können. Dies sieht einen Ausstiegsplan vor.

Sinnvoll: Fachstaatsanwaltschaft für Tierschutz
Die Tierschutz-Pläne von Grünen und Linken unterscheiden sich lediglich in Details: Aus den praktischen Erfahrungen mit den genehmigenden Behörden und Kommissionen  sprechen sich beide für verstärkte Kontrollen und Ahndungen von Tierschutzvergehen sowie für eine artgerechte Haltung von Heim- und sogenannten Nutztieren aus. Die Linke fordert zudem eine bessere Finanzierung der Behörden sowie eine Fachstaatsanwaltschaft für Tierschutz. Die Grünen wollen eine gesetzlich verankerte verbindliche Tierversuchs-Dokumentationspflicht auf Bundesebene sowie den weiteren Aufbau von Datenbanken zur Vermeidung von Doppel- und Wiederholungsversuchen.

Verbot von schwerbelastenden Versuchen
Die Linke will Forschungsförderungen nur noch gewähren, wenn tierfreie „Alternativen“ genutzt, erarbeitet oder weiterentwickelt werden. Auch soll das Wissen über tierversuchsfreie Methoden bereits in den entsprechenden Studiengängen vermittelt werden. In der Lehre soll, wo immer möglich, auf Tierversuche verzichtet werden. Die Grünen wollen Tierversuche mit Schweregrad „schwerst“ sowie Versuche an Primaten beenden. Außerdem wollen sie Projekte fördern, die Tierversuche ersetzen oder Tierzahlen reduzieren. Positiv zu erwähnen sind die Pläne der SPD bezüglich der Entwicklung der zellbasierten Medizin am Max-Delbrück-Zentrum. Damit knüpft die Partei an die Gründungen des Einstein-Zentrums 3R und des Berlin Center for Advanced Therapies an, die bald ihre Arbeit zur Reduzierung von Tierversuchen aufnehmen sollen.

Enttäuschend: Pläne zur Ernährungswende
SPD, CDU und FDP überlassen die Themen Landwirtschaft und Ernährung komplett den anderen Parteien. Im SPD-Wahlprogramm ist lediglich die Rede von der Förderung nachhaltiger und regionaler Lebensmittel. Die Grünen wollen Massentierhaltung und Qualzuchten bei allen Tierarten beenden. Sie wollen die Anzahl der gehaltenen Tiere deutlich reduzieren und streben Haltungsbedingungen auf Bio-Niveau an. Außerdem wollen sie, dass Lebensmittel aus Massentierhaltung gekennzeichnet werden. Mit Bildungsangeboten wollen sie den Konsum von Nahrungsmitteln tierischer Herkunft durch pflanzliche Alternativen deutlich reduzieren und schon in den Schulen Basiswissen zu gesunder pflanzlicher Ernährung vermitteln. Die Linke spricht sich zwar für eine Ernährungswende aus, führt jedoch in ihrem Wahlprogramm nicht konkret aus, wie sie diese erreichen will.

Grüne und Linke für bessere Haltungsbedingungen
Die Grünen wollen ein Heimtierregister sowie eine Tier-Notruf-Nummer einführen und auf Bundesebene darauf hinwirken, dass Haltung, Zucht und Handel von Heimtieren in einer Tierschutz-Heimtierverordnung geregelt werden. Pferdekutschen und den Einsatz von Pferdestaffeln in der Stadt lehnen sie ab. Grüne und Linke setzen sich außerdem für ein berlinweites Taubenmanagement mit betreuten Taubenschlägen ein. Weiterhin beabsichtigen beide Parteien, das Berliner Jagdgesetz zu reformieren und tierschutzgerechter zu machen. An Zirkusse mit Wildtieren sollen nach dem Willen der Grünen keine öffentlichen Flächen mehr vergeben werden, auf Bundesebene streben sie ein komplettes Verbot der Wildtierhaltung in Zirkussen an.

Keine Tierschutzambitionen: CDU und FDP
Die CDU spricht das Thema Tierschutz in ihrem Wahlprogramm lediglich in Bezug auf Hunde an. Danach sollen Tierheimhunde von der Hundesteuer befreit und ehemalige Diensthunde öffentlich versorgt werden. Die FDP fordert ein Verbot von bestimmten Wildtieren in Wanderzirkussen. Sonst kommt der Tierschutz nur im Zusammenhang mit Kitas und Schulen vor. Auch das Programm der SPD hat den Tierschutz nicht im Blick, sondern verkleidet ihn hinter großen wissenschaftlichen Einrichtungen.

„Unsere Analyse zeigt, dass Konservative, Liberale und auch die SPD in Sachen Tierschutz den Grünen und den Linken das Feld überlassen. Bei CDU und FDP sieht die Erwähnung des Tierschutzes eher nach dem verzweifelten Versuch aus, das Thema irgendwo in ihren Wahlprogrammen unterzubringen, ohne damit einer Lobby wehzutun. Der überfällige Paradigmenwechsel in Richtung pflanzenbasierter Ernährung und einem Ausstieg aus dem Tierversuch ist in Berlin mit CDU und FDP definitiv nicht zu machen. Auch die SPD ist ambitionslos. Lediglich die Tierschutzpläne von Grünen und Linken haben Substanz, wobei das Thema pflanzliche Ernährungswende auch bei ihnen noch zu kurz kommt“, kritisiert Christina Ledermann, Vorsitzende von Menschen für Tierrechte.

Hier können Sie sich die Wahlprogramme herunterladen: CDU, FDP, SPD, Grüne, Linke

Rückblick auf die Tierschutzbilanz der seit 2016 regierenden rot-rot-grünen Koalition unter: www.tierrechte.de
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Pressestelle:
Christina Ledermann
Tel.: 05840/99 99 790
Mobil: 0179/450 46 80
E-Mail: ledermann@tierrechte.de

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Menschen für Tierrechte – Bundesverband der Tierversuchsgegner e.V.
Neue Geschäftsstelle: Severinusstr. 52, 53909 Zülpich
Tel: 02252/830 12 10, Internet: www.tierrechte.de


Der Bundesverband Menschen für Tierrechte setzt sich seit seiner Gründung 1982 auf rechtlicher, politischer, wissenschaftlicher und gesellschaftlicher Ebene für die Anerkennung elementarer Tierrechte ein und kämpft gegen jeglichen Missbrauch von Tieren. Das langfristige Ziel ist eine grundsätzliche Veränderung des Mensch-Tier-Verhältnisses. Dem Dachverband mit Hauptsitz in Zülpich (früher Aachen) sind Vereine sowie private Fördermitglieder angeschlossen. Seine Stärke liegt im Zusammenwirken von Seriosität, Fachwissen und Lobbyarbeit auf höchster politischer Ebene. Dazu verfolgt der Verband einen Masterplan zum Ausstieg aus dem Tierversuch und eine Agrarwende von der tierischen zur pflanzlichen Eiweißproduktion, um das Ende der „Nutztier“-Haltung zu erreichen. Darüber hinaus ernennt der Verband beispielsweise das „Ersatzverfahren bzw. Replace des Jahres“ sowie das: „Versuchstier des Jahres“, betreibt die Wissenschaftsplattform InVitro+Jobs für eine konsequente Förderung der tierversuchsfreien Forschung und setzt sich mit dem Projekt SATIS für eine humane Ausbildung ein. Weitere Arbeitsschwerpunkte sind die Etablierung der Tierschutz-Verbandsklage, eine tierlose bio-vegane Landwirtschaft sowie die Aufnahme von Tierrechten in die Lehrpläne von Schulen. Der Verband gibt viermal im Jahr das Magazin tierrechte heraus. Neben einem Themenschwerpunkt informiert die Zeitschrift Journalisten, Wissenschaftler, Politiker, Behörden und Verbandsmitglieder über aktuelle Entwicklungen in der politischen Tierrechtsarbeit. Zudem erscheint zweimal monatlich der Tierrechte Newsletter. Der Bundesverband Menschen für Tierrechte ist seit seiner Gründung als gemeinnützig und besonders förderungswürdig anerkannt. Beiträge und Spenden sind steuerlich absetzbar.

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