Bayerns Umweltminister Thorsten Glauber (Freie Wähler) will Tiertransporte in 18 außereuropäische Drittstaaten endgültig unterbinden. Nach einem neuen Erlass vom 26.10.2020 dürfen bayrische Veterinärämter künftig Transporte ins EU-Ausland und innerhalb Deutschlands untersagen, wenn ein Weitertransport in ein sogenanntes Risikoland nicht ausgeschlossen ist. Damit reagiert Bayern auf einen Fall aus Mühldorf am Inn, bei dem 30 trächtige Rinder über Ungarn nach Usbekistan transportiert worden waren.
Risikostaaten: Händler umgehen Transportverbote
Hintergrund ist, dass Tierhändler seit Monaten die Transportverbote in Risikostaaten umgehen, indem sie die Transportwege verschleiern. Kürzlich zeigten Recherchen, dass Kälber aus Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg über Spanien in den Libanon transportiert und dort betäubungslos geschächtet wurden. Neben grausamen Tötungsmethoden wurden andere extrem tierquälerische Handlungen, wie das Durchtrennen der Sehnen und das Ausstechen der Augen dokumentiert. Diese sind weder mit deutschem Tierschutzrecht noch mit den europäischen Verordnungen vereinbar.
Fehlende Versorgungsstationen
Nach der EU-Transportverordnung 1/2005 dürfen Rinder nur transportiert werden, wenn sie regelmäßig in Versorgungsstationen abgeladen und versorgt werden. Seit einem Grundsatzurteil des EU-Gerichtshofs im Jahr 2015 gelten die Regeln auch für Transporte in Drittstaaten. Mittlerweile liegen jedoch ausreichend Belege vor, dass keine geeigneten beziehungsweise überhaupt keine Versorgungsstationen auf den Routen existieren. Die Amtsveterinäre, die Transporte vor Ort abfertigen, stehen deswegen stark unter Druck.
Andere Bundesländer sollten Bayern folgen
Denn sie können schlicht nicht beurteilen, ob die Tierschutzvorgaben auf den Transporten eingehalten werden. Der Bundesverband der beamteten Tierärzte (BbT) hatte Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) deswegen aufgefordert, sich für eine EU-Institution einzusetzen, die bewertet, ob die Transporte tierschutzgerecht erfolgen können. Bis dahin forderten sie, die Transporte auszusetzen. Der Vorstoß Bayerns ist hilfreich, um die direkte Umgehung der Transportverbote zu verhindern. Andere Bundesländer sollten dem guten Vorbild Bayerns folgen.
Deutschland sieht EU in der Pflicht
Doch die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass Zuchtverbände und Tierhändler weitere Schlupflöcher auftun, um die tierquälerischen Transporte weiter durchführen zu können. Um die Missstände EU-weit zu beenden, sieht Klöckner die EU in der Pflicht. Als sie Ende Oktober zu Gast beim kürzlich eingesetzten EU-Untersuchungsausschuss zu Tiertransporten war, forderte sie die EU-Kommission auf, die geltende Tierschutztransportverordnung aus 2005 zu überarbeiten. Der Tierschutz dürfe nicht an den EU-Grenzen enden. Hier fehlten klare rechtliche Vorgaben. Klöckner forderte unter anderem eine zentrale Verifizierung der Versorgungsstellen auf den Transportrouten. Deutschland habe hierzu ein Webtool für die Bundesländer entwickelt. Es fehle aber eine Verifizierung durch die EU.
Ziel: Konsequentes Verbot
Der Bundesverband Menschen für Tierrechte hatte Klöckner mehrfach dazu aufgefordert, tierquälerische Transporte zu Schlacht- und Zuchtzwecken komplett zu untersagen. Denn auch wenn Klarheit über die Versorgungsstellen herrscht, ändert dies nichts an der grundsätzlichen Belastung der Tiere durch lange Transporte und am inakzeptablen Umgang mit den Tieren im Drittland. Deswegen muss sich Klöckner hinter die Entschließung des EU-Parlaments vom 14. Februar 2019 stellen. Darin forderten die EU-Abgeordneten einen Richtungswechsel bei Tiertransporten ein. Es seien in erster Linie Fleisch, Sperma und Embryonen zu transportieren. Klöckner hat dies kürzlich selbst als Ziel genannt. Dies macht ein wenig Hoffnung, dass die qualvollen Tiertransporte in Zukunft beendet werden. Der Bundesverband wird sich weiter für ein konsequentes Verbot einsetzen.
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