Mehrere Tierschutz- und Tierrechtsorganisationen haben in einem Offenen Brief Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir aufgefordert, die tierquälerische Anbindehaltung als Haltungssystem komplett und ausnahmslos zu verbieten. In der letzten Fassung des Tierschutzgesetzes soll die Anbindehaltung (im Widerspruch zu §2 Tierschutzgesetz) noch weitere zehn Jahre möglich sein! In der ersten Fassung vom Juni 2023 waren es fünf Jahre. Das Auslaufen der Anbindehaltung sollte zudem an einen Wechsel des Betriebsinhabers gekoppelt sein. Auch dieser Passus ist in der aktuellen Fassung des Referentenentwurfs nicht mehr enthalten. Mit dem Effekt, dass die Qualhaltung weitergeführt werden kann.
Dies kommentiert Christina Ledermann, Vorsitzende vom Bundesverband Menschen für Tierrechte:
„Offensichtlich waren die Lobbyisten der Milchindustrie wieder einmal erfolgreich. Mit der Verlängerung dieser Qualhaltung wird das in Paragraf 2b geplante grundsätzliche Verbot der Anbindehaltung praktisch ausgehebelt. Hinzukommt, dass nun auch noch die geplanten Auflagen zugunsten der angebundenen Tiere, wie zweimaliger Auslauf die Woche und Weidezugang im Sommer, wegfallen sollen. Durch die Änderung der Nachfolgeregelung wird zudem ermöglicht, die bereits jetzt tierschutzwidrige Haltung auch nach der zehnjährigen Übergansfrist weiter fortzuführen. Damit kassiert die Ampel auch ihr Versprechen aus dem Koalitionsvertrag, die Anbindehaltung nach zehn Jahren zu beenden. Bundeslandwirtschaftsminister Özdemir, die Anbindehaltung verstößt gegen geltendes Tierschutzrecht. Was ist eine Reform des Tierschutzgesetzes wert, wenn es Qualhaltungen wie diese ausdrücklich weiter erlaubt? Dieser Kotau vor der Landwirtschaftslobby macht das Tierschutzgesetz wieder einmal zum Tiernutzgesetz. Halten Sie sich an Ihre Versprechen: Verbieten Sie die Anbindehaltung, die ganzjährige und die saisonale und setzen Sie die im Koalitionsvertrag versprochenen Tierschutzverbesserungen um!“, fordert Christina Ledermann, Vorsitzende vom Bundesverband Menschen für Tierrechte.
Hintergrund zur Anbindehaltung von Kühen
Die Anbindehaltung, bei denen die Tiere angekettet sind und sich kaum bewegen können, verstößt gegen geltendes Tierschutzrecht. Den bewegungsfreudigen Tieren werden dabei alle durch das Tierschutzgesetz geschützten Grundbedürfnisse, wie natürliches Sozialverhalten und Bewegung, vorenthalten. Die artwidrigen Bedingungen führen zu körperlichen und psychischen Leiden und Schäden. Jeder dritte Milchvieh-Betrieb in Deutschland hält seine Kühe in Anbindehaltung. Sogar in Bio-Betrieben ist die tierquälerische Praxis durch eine Ausnahmeregelung erlaubt.
Den Offenen Brief an Cem Özdemir lesen Sie hier als PDF.