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Margrits Kolumne: Larven lieben Lavendel

Foto: © entomart

Schmetterlinge – diese schwerelosen, farbigen Tupfen eines Sommertages, zart und so verletzlich. Wo aber sind sie geblieben, die Zitronenfalter, das Pfauenauge, der Kleine Fuchs, der Bläuling, das Kleine Wiesenvögelchen oder das Große Ochsenauge? Angeblich soll es 160.000 Arten geben, das ist nichts gegen die größte Nachtfalterfamilie, die allein schon 35.000 Eulenfalter zählt. Die Liste ist endlos, sie reicht vom Ackerwinden-Bunt-Eulchen über die Moor-Goldeule bis zum Wollkrautmönch und der Zwergweideneule.

Wie immer sie heißen, sie müssen sich verpuppen und werden dann zum Schmetterling. Vorher aber müssen sie sich satt essen. In diesem Sommer wurden die Larven des Eulenfalters vom heißen Sirocco von Afrika nach Frankreich getragen. Die Lavendel-Bauern schlagen Alarm. Bis zu 90 Prozent ihrer Ernte wurde vernichtet, ernten lohnt nicht, es ist nichts mehr da. Statt der sanften violetten Farbe erscheinen die Felder jetzt grau-braun. Die Larven verspeisen die Stiele und die Pflanzen trocknen aus.

Sollten die Anbaugebiete verkleinert werden, damit der Schaden nicht so groß wird? Aber die afrikanischen Falter sind anpassungsfähig. Finden sie nicht ausreichend französischen Lavendel, weichen sie auf Tomaten, Kichererbsen oder andere Kulturen aus. Doch die Schuld bei den Tieren zu suchen, führt in die falsche Richtung. Wir nehmen den Tieren ihren Lebensraum, was sie auf unsere Kulturpflanzen ausweichen lässt. Wir heizen den Klimawandel an, der unsere Sommer immer heißer und trockener werden lässt. Dies führt dazu, dass wärmeliebende Tiere zu uns kommen.

Die Eulenfalterraupen stehen für unseren Umgang mit Wildtieren. Erst nehmen wir ihnen den Lebensraum, jagen oder vergiften sie. Dadurch drängen die Tiere auf Felder, Dörfer und Städte. Für uns sind die kleinen Invasoren die Übeltäter. Dabei sieht die Gleichung anders aus: Der Mensch nimmt den Tieren die Lebensgrundlage – und gefährdet sich selbst damit.

© Margrit Vollertsen-Diewerge 1. Oktober 2023