Die konservative Regierung in Spanien hat 2013 den Stierkampf zum „immateriellen Kulturgut“ erklärt. Ein Kulturgut kann man nicht verbieten, und somit sind die Qualen, die ein menschliches Team einem um sein Leben kämpfenden Tier antut, gesetzlich erlaubt.
Doch wenn auch fast 80 Prozent der Spanier gegen diese „Kunst des traditionellen Tötens“ sind, bleibt es eine Touristenattraktion. Schaulustige kommen oft nur einmal und dann nie wieder. Wenn die Stiere husten, sich Blut überströmt hinlegen. kaum noch aufstehen können und für jedermann sichtbar leiden, bleibt dieser erschütternde Anblick manchem ein Leben lang im Gedächtnis.
Außer in Spanien gibt es diese Volksbelustigungen auch in Portugal, Südfrankreich, Mexiko, Kolumbien, Venezuela, Peru, Ecuador und Brasilien. Besonders brutal ist der Kampf gegen Stierkälber, die bis zu 2 Jahre alt sind. Minderjährige rammen den kleinen, noch leichten Kälbern spitze Gegenstände in den Körper. Kinder werden von anderen Kindern dazu angefeuert, während die gepeinigten Kälber taumeln, über ihren Kopf fallen, hilflos muhen und zum Ziel des Gelächters werden. Oft werden ihnen als Zeichen des Triumphs noch lebend die Ohren abgeschnitten.
Aber jegliche Überheblichkeit ist fehl am Platze, gibt es doch eine deutsche Stierkämpferin. Clara Sofie Kreutter aus Bad Berleburg, Anfang 30, blond und zierlich Sie ist die erste professionelle Torera. Als sie 2021 in der Provinz Ledaňa zwei spanische Stiere tötete, wurde sie in Deutschland wegen Tierquälerei angeklagt. In Spanien aber blieb sie straffrei: Das dortige Tierschutzgesetz gilt nicht für den Stierkampf.
„Auf in den Kampf, Torero“ heißt es in Georges Bizets Oper „Carmen“. Ein Stierkampf-Verbot ist zwar nicht in Sicht, doch die Zukunft ist schon da. Es gibt ein neues Wesen, den Roboter. Er baut Autos, operiert Menschen, komponiert Filmmusik und tröstet als Hunde-Roboter die Senioren in Altersheimen. Der „Android“ ahmt Gestalt und Bewegungen des Menschen nach, da ist es nur ein kleiner Schritt hin zum Stier-Roboter. Eine ganz „neue Art des Kampfes“ erobert die Stierkampf-Arena. In einem einschlägigen Journal* heißt es: „Die Künstliche Intelligenz liegt auf dem Boden und schreit. Es ist ein hohes Heulen, das ins Innerste dringt und das Gefühl weckt, helfen zu wollen.“ Wer programmiert die KI für einen Mitleid erregenden Stier-Roboter?
© Margrit Vollertsen-Diewerge 1. Juli 2023