„Alle Vögel sind schon da, alle Vögel, alle“, heißt es in einem alten Volkslied. Wirklich alle? Auch die Schwalben und die Mauersegler, die Lerchen und Kiebitze, das Rebhuhn und die Nachtigall? Sind vielleicht die Singdrossel, der Spatz oder das Rotkehlchen in einer „polenta uccelli“ gelandet, einer traditionellen italienischen Delikatesse?
Die Zerstörung ihrer Lebensräume ist einer der Gründe für das auffällige Verschwinden unserer gefiederten Freunde. Die Landwirtschaft nimmt immer mehr Raum ein, die Hecken werden weniger, ruhige Nistplätze werden rar. Das Angebot an Futter in Form von Insekten nimmt rasant ab. Hinzu kommen Dürre und Abholzungen, Verkehr und Autobahnen, Überschwemmungen und Verschiebungen der Gebiete, Stromleitungen und Waldbrände, industrielle Einflüsse und Krieg …
Und was tun wir? Wir sehen in den leeren blauen Himmel über uns und zählen die langen weißen Streifen, die die Flugzeuge hinterlassen, um Millionen von Fluggästen an Strände und auf (noch) intakte Inseln zu bringen. Zehn bis fünfzehn solcher weißen Striche zählt man oft gleichzeitig, bis sie sich aufgelöst haben. In wenigen Tagen oder Wochen fliegen die Urlauber wieder zurück – wie die Schwalben im April.
Heim in die Heimat zum Brüten, wenn die alte Scheune noch steht.
Die Streifen am Himmel werden immer mehr, aber wo sind die Insekten? Sieh da, eine Schwalbe! Wie heißt es so schön? Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer –
© Margrit Vollertsen-Diewerge 1. April 2023