Tierversuche

Fortschritt: Bremer Hochschulgesetz schränkt Tierversuche deutlich ein

Das rot-grün-rot regierte Bremen hat Ende Februar 2023 ein neues Hochschulgesetz verabschiedet, das ein Meilenstein auf dem Weg zu einem tierverbrauchsfreien Studium in ganz Deutschland ist. Danach ist der Einsatz von Tieren im Studium nur in begründeten Ausnahmefällen und nach einer zusätzlichen Prüfung durch eine Tierschutz-Kommission möglich. Außerdem sieht das Gesetz vor, auf die Verwendung von lebenden Tieren zu verzichten.

Das neue Gesetz sieht vor, dass nicht nur auf die Tötung von Tieren für die Lehre, sondern auch auf die mit Belastungen verbundene Verwendung von lebenden Tieren zu verzichten ist. Ausnahmen sind möglich, wenn es keine gleichwertigen anderen Methoden gibt. Selbst dann können Studierende auf begründeten Antrag den Leistungsnachweis ohne Verwendung von Tieren erlangen. Die Änderungen betreffen die Studiengänge Bionik sowie Technische und Angewandte Biologie der Bremer Hochschule, Biologie der Bremer Universität und Biotechnologie der Marinen Ressourcen der Hochschule Bremerhaven.

Bremer Hochschulen sehen Verfassungsbruch
Die Universität Bremen warnt: Eine solche Regelung laufe auf ein faktisches Verbot hinaus, da es der versuchstierkundlichen Fachmeinung folgend eine belastungsfreie Verwendung von Tieren in der Lehre nicht geben kann. Die Bremer Hochschulen sehen die Autonomie der Forschung und die Wissenschaftsfreiheit in Gefahr sowie eine Einschränkung der Wettbewerbsfähigkeit der Wissenschaftseinrichtungen. Die Universität will juristische Schritte gegen die strengeren Regeln prüfen, weil sie verfassungswidrig sein könnten.

Tierschutz-Kommissionen berät über Antrage
Sehr begrüßenswert und bisher einzigartig: Tierversuche in Lehre und Forschung sind nur nach Debatte in einer Tierschutz-Kommission an den Hochschulen möglich. Die Kommissionen, die paritätisch mit Wissenschaftler:innen und von Tierschutzorganisationen benannten Personen zu besetzen sind, sollen sich mit der grundsätzlichen Angemessenheit von Tierversuchen beschäftigen. Mit deren Votum müssen sich dann Dekanate, akademische Senate, Rektorate und Behörden auseinandersetzen. Für die Universität ist eine Einmischung in ihre inneren Belange durch externe Personen und Verbände unter gar keinen Umständen mit der Autonomie der Hochschulen vereinbar.

Sehr fortschrittlich im Ländervergleich
Regelungen zum Tierverbrauch im Studium gibt es in neun weiteren Bundesländern. In Berlin, Hamburg, Nordrhein-Westfalen, Saarland, Sachsen-Anhalt und Thüringen können sich Studierende auf begründeten Antrag im Einzelfall von Lehrveranstaltungen mit Tierverbrauch befreien lassen. Ferner soll auf die Verwendung getöteter Tiere, und zusätzlich lebenden Tieren (Hamburg), verzichtet werden, sofern es die bezweckte Be­rufstätigkeit zulässt, andere Lehrmethoden einzusetzen. In Bremen ist hingegen nun darauf zu verzichten, sofern es Alternativen gibt. Hessen verpflichtet auch zum Verzicht, soweit gleichwertige Methoden zur Verfügung stehen. Legen Studierende dar, dass diese Möglichkeit besteht, brauchen sie nicht am Tierverbrauch teilnehmen. In Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg sollen Studierende ein Studium erfolgreich absolvieren können, ohne an Tierverbrauch teilnehmen zu müssen. Studierende müssen keinen Antrag stellen, sondern die Hochschulen müssen Alternativen bzw. Ersatzleistungen zur Verfügung zu stellen.

Bremer Regelung ist ein Meilenstein
„Die neue Regelung in Bremen ist ein weiterer Meilenstein, da die Pflicht der Hochschulen zum Ersatz von Tierverbrauch eindeutiger formuliert ist und überflüssiger Tiereinsatz von vornherein verboten wird. Selbst Versuche mit Tieren, für die es keine gleichwertigen Lehrmethoden gibt, können von Studierenden auf Antrag umgangen werden. Die Beantragung von tierverbrauchenden Übungen und Beratung in Hochschul-Kommissionen haben im Vergleich größeres Potenzial, überflüssigen Tierverbrauch zu erkennen und zu vermeiden“, sagt Dr. Claudia Gerlach von Menschen für Tierrechte. Der Tierschutz ist in der Verfassung verankert. Und die Grundrechte der Hochschulen, wie die Wissenschafts- und Lehrfreiheit sind nach dem Verwaltungsgericht Köln [1] abschließend im Rahmen des Tierschutzgesetzes berücksichtigt und gewichtet. Danach ist auf Tierversuche, die durch Alternativmethoden ersetzt werden können, zu verzichten – genau wie es das Bremer Hochschulgesetz vorsieht.

[1] siehe Verwaltungsgericht Köln, 21 K 11572/17, 22.08.2018.