Allgemein Industrielle Tierhaltung

Tiertransporte: Einige EU-Mitgliedsstaaten wollen mehr Tierschutz verhindern

Die EU-Kommission will in diesem Jahr die EU-Tierschutzgesetzgebung und die EU-Transportverordnung überarbeiten. Mehrere Mitgliedsstaaten versuchen schon im Vorfeld Verbesserungen für die Tiere zu verhindern.

Auf dem Treffen der 27 Agrarministerinnen und Agrarminister der EU-Staaten am 30. Januar 2023 stand ein Papier auf der Tagesordnung, in dem Portugal fordert, Tiertransporte nicht einzuschränken und am Status Quo festhalten festzuhalten. Spanien, Italien, Lettland, Litauen, Rumänien und Frankreich unterstützten den Vorschlag. Deutschland sprach sich zusammen mit Österreich, Dänemark, die Niederlande und Luxemburg dagegen aus. Die Niederlande forderten sogar ein Verbot von Lebendtiertransporten. Auch EU-Kommissarin Kyriakydes machte deutlich, dass wissenschaftliche Studien, z.B. der EFSA (Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit) nicht ignoriert werden dürften und wir unser Handeln diesen Erkenntnissen anpassen müssten. Tierwohl und Tiergesundheit seien Schlüsselelemente für ein nachhaltiges System der Nahrungsmittelproduktion.

EU-Parlament wollte grundsätzlichen Richtungswechsel bei Tiertransporten
Die Initiative gefährdet dennoch die dringend nötigen Verbote von Tiertransporten in Drittstaaten. Noch im Juli 2022 hatten sich 13 Mitgliedsstaaten für eine ambitionierte Überarbeitung der Transportverordnung und eine mögliche Wende hin zum Transport von Fleisch- und Schlachtkörpern ausgesprochen. Der EuGH hatte bereits 2015 festgestellt, dass der Tierschutz nicht an der EU-Außengrenze endet. Daraus ergibt sich, dass Transporte nicht durchgeführt werden dürfen, wenn den Tieren dabei Verletzungen oder unnötige Leiden zugefügt werden könnten. Doch die Transporte werden weiter durchgeführt, obwohl die EU-Tierschutzstandards in den Empfängerländern systematisch ignoriert werden.

Verbot von Tiertransporten in Drittstaaten erschwert
Die EU-Kommission ist gerade dabei, die EU-Tierschutzgesetzgebung zu überarbeiten. Bis zum Spätsommer 2023 soll die EU-Transportverordnung reformiert werden. Portugal will mit seinem Vorschlag Verbesserungen im Tierschutz schon im Keim ersticken. Ziel ist es zu verhindern, dass es bei der Reform zu einer ehrgeizigen Überarbeitung im Sinne des Tierschutzes kommt. Das könnte es der EU-Kommission erschweren, bei dem aktuell laufenden Revisionsverfahren ein Verbot von Tiertransporten in Drittstaaten durchzusetzen. Hinzu kommt, dass im Mai 2024 bereits die nächsten EU-Wahlen anstehen. Wenn sich nach der Wahl die Mehrheitsverhältnisse ändern, könnte dies die Verhandlungen für Verbesserungen erschweren.

Wir brauchen ein bundes- und EU-weites Verbot von Tiertransporten
Die Positionierung der Länder um Deutschland und die Aussagen der EU-Kommissarin Kyriakydes machen Hoffnung, dass die neue Tiertransportverordnung weiterhin den Fokus haben wird, das Leid von Millionen von Tieren auf Langstreckentransporten zu verringern. Der Bundesverband Menschen für Tierrechte setzt sich seit Jahrzehnten für ein konsequentes bundes- und EU-weites Verbot von Tiertransporten ein. Zahlreiche Dokumentationen belegen, dass die Tiere auf qualvollen Transporten in einen grausamen Tod geschickt werden. Die einzig logische und ethisch vertretbare Schlussfolgerung ist ein generelles Transport-Verbot, sowohl für Tiere, die geschlachtet werden sollen als auch für Tiere, die als Zuchttiere deklariert werden. Deutschland muss sich für ein nationales Verbot von Tiertransporten in außereuropäische Staaten aussprechen und sich im Rahmen der Überarbeitung der EU-Tierschutzgesetzgebung für ein EU-weites Verbot einsetzen.

Hintergrund
Deutschland gehört auf EU-Ebene zu den größten Exporteuren von Rindern zu angeblichen Zuchtzwecken in Drittstaaten. Allein 2020 exportierte Deutschland über 41.000 trächtige Rinder in Länder wie Russland, Marokko, Algerien und Ägypten. Häufig werden sie auch über andere EU-Länder in Drittstaaten exportiert. Sobald die Tiertransporte die Außengrenzen der EU überschreiten, greifen die EU-Tierschutzvorschriften nicht mehr. Die Tiere werden von Deutschland aus auch über Schiffe in Länder wie Ägypten, Marokko, Algerien und andere verfrachtet, in denen sie oft ohne Betäubung geschlachtet werden. Die Tiere leiden zudem unter den schlechten Transportbedingungen sowie Hunger und Durst, Hitze und Kälte.