Die Tierheime kämpfen mit den Folgen der Pandemie, des Krieges und den steigenden Kosten. Die Politik hat lange versäumt, sie finanziell und rechtlich adäquat auszustatten. Der Bundesverband hat bei Tierheimen nachgefragt, wie sie die Lage für die nächsten Monate einschätzen. Die Antwort: Viele stehen kurz vor dem Kollaps.
Seit Monaten häufen sich die Meldungen „Tierheime überlastet“, „Keine Kapazitäten mehr“, „Tierheim XY verhängt Aufnahmestopp“, oder „Corona-Tiere füllen Tierheime“. Eigentlich gehört es zu den kommunalen Aufgaben, sich um Fundtiere zu kümmern. Doch die meisten Städte und Kommunen verlassen sich wie selbstverständlich darauf, dass die Tierheime als Anlaufstellen für Tiere und Tierhalter funktionieren. Das können diese angesichts der prekären Lage vielerorts jedoch kaum noch leisten. Oftmals existieren die Tierheime und Tierschutzvereine nur Dank des engagierten Personals, freiwilligen Helfern und großzügigen privaten Spenden. Der Bundesverband hat bei den Tierheimen Berlin, Düsseldorf, Falkensee und München nachgefragt, wie sie die Lage für die nächsten Monate einschätzen und was sie fordern, um ihr Überleben zu gewährleisten. Die Antworten deckten sich im Wesentlichen und es wird deutlich: Viele stehen kurz vor dem Kollaps.
„Da wir schon immer sparen, wo wir nur können, wissen wir nicht, wo wir noch mehr einsparen könnten!“
Belastet: Corona-Haustierboom
Die Wartelisten der Tierheime für abzugebende Tiere werden immer länger und besonders Hunde mit gesundheitlichen Problemen oder Verhaltensauffälligkeiten werden zu Dauergästen. Während der Pandemie haben sich viele Deutsche Hunde über illegalen Welpenhandel angeschafft, die oftmals krank und/oder hoffnungslos überzüchtet sind. Zudem sind viele Hunde nicht richtig erzogen. Mit den Folgen sind viele Halter:innen überfordert oder haben nach dem Ende der Home-Office-Ära nicht mehr genügend Zeit, um sich um die Tiere zu kümmern. Dies zeigt: Höhere Hürden für die Anschaffung von Heimtieren und auch strengere Regelungen für den Verkauf sind überfällig.
Halter überfordert
Zu allem Überfluss wird auch die veterinärmedizinische Versorgung in Zukunft noch mehr auf den Geldbeutel schlagen, weil durch die Überarbeitung der Gebührenordnung die Kosten für den Tierarztbesuch steigen. Dies könnte die Wartelisten der Tierheime noch weiter wachsen lassen, da viele ihre Tiere abgeben, nicht, weil sie sie nicht mehr wollen, sondern weil sie es sich mit den ohnehin steigenden Kosten für Lebensmittel, Futter und Energie schlichtweg nicht mehr leisten können.
Kriegsfolgen und Fachkräftemangel
Die Tierheime in den großen Städten waren und sind auch zur Stelle, um geflüchteten Menschen aus der Ukraine mit ihren Heimtieren zu helfen. Sei es mit Futter- und Sachspenden, medizinischer Versorgung oder auch durch Pflegestellen. Zumindest für diese Leistungen sollen die Tierheime laut des im September beschlossenen Förderprogramms eine finanzielle Entlastung bekommen. Doch dies löst nicht das Problem der grundsätzlich mangelhaften finanziellen Unterstützung. Analog zur Situation in der humanen Pflege, spüren auch die Tierheime zudem den Fachkräftemangel. Den Ausbildungsberuf des Tierpflegers attraktiver zu machen, steht deshalb auch auf der Forderungsliste der Tierheime.
Nötig: unbürokratisches Hilfspaket
Für die kommenden Monate müssen die Tierheime also mit vervielfachten monatlichen Ausgaben für Energie, Tiernahrung und die tierärztliche Versorgung zurechtkommen. Aber woher soll das Geld kommen? Aufgrund der Inflation und explodierender Energiepreise ist leider noch zusätzlich ein Rückgang der Spenden zu erwarten. Es besteht kein Zweifel: Die Politik muss handeln und ein unbürokratisches Hilfspaket schnüren, um die zukünftige Handlungsfähigkeit der Vereine zu sichern. Ansonsten werden einige Tierheime diesen Winter nicht überstehen.