Der am 2. November 2022 veröffentlichte Niedersächsische Koalitionsvertrag von SPD und Bündnis 90/Die Grünen enthält ambitionierte Tierschutzpläne und geht in einigen Bereichen deutlich über die Pläne der Bundesregierung hinaus. Besonders positiv ist die Umsetzung einer Niedersächsischen Ernährungsstrategie, die unter anderem die pflanzenbetonte Ernährungsweise fördern soll. Bezüglich der Tierversuche bekennt sich Niedersachsen zum Ziel eines Ausstiegs und zu einer konsequenten Umsetzung der EU-Tierversuchsrichtlinie. Im Bereich der landwirtschaftlichen Tierhaltung plant Rot-Grün unter anderem die Finanzierung eines „Zukunftsprogramms Diversifizierung“. Dies soll nicht nur den Umbau der Ställe voranbringen, sondern auch die wichtige Reduzierung der Tierbestände. Außerdem sollen die Stabsstelle der Tierschutzbeauftragten und der Landestierschutzbeirat personell gestärkt werden, eine Vertrauensperson Tierschutz eingesetzt und die Verfahrensbeteiligung des Tierschutzes im Rahmen der Tierschutz-Verbandsklage vereinheitlicht und vereinfacht werden. Zudem wird geprüft, ob den als klageberechtigt anerkannten Tierschutzorganisationen Ressourcen bereitgestellt werden können.
Das für den Tierschutz zuständige Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz übernimmt die Grüne Miriam Staudte, die seit 2014 Sprecherin für Tierschutz ist.
Auszüge aus dem rot-grünen Niedersächsischen Koalitionsvertrag
„SICHER IN ZEITEN DES WANDELS“ (2022 – 2017)
Ab S. 42 Ernährung
Umsetzung einer Niedersächsischen Ernährungsstrategie (u.a. Förderung einer pflanzenbetonten Ernährungsweise)
Ernährungsbildung stärken
Ab Seite 42 „Tierschutz stärken“
Exotische Tiere
stärkere Regulierung und Kontrolle von Tierhandel und Tierbörsen und weitere Einschränkungen des Versandes
landesweite und länderübergreifende Kontrollen, um illegalen Tierhandel zu unterbinden
Einführung eines Sachkundenachweises für den Erwerb und das Halten exotischer Tiere, stärkere Kontrollen und Verschärfung der Gefahrtierverordnung
Behörden bekommen Zugriff auf zentrale Erfassung geschützter u. exotischer Tiere
Haustiere
Veterinärämter sollen beim Vollzug des Tierschutzrechts, insbesondere durch Digitalisierungsinstrumente, gestärkt werden.
Kennzeichnungs- und Kastrationspflicht für Katzen
Evaluierung des Hundegesetzes
Förderung des Tierschutzgerechten Stadttaubenmanagements über 2024 hinaus
Sicherstellung der grundsätzlichen Finanzierung der Tierheime durch Land und Kommunen
Zoo- und Zirkus
Zoos und Tierparks sollen auch als Auffangstationen für beschlagnahmte, nicht auswilderungsfähige Wildtiere dienen
Die Bedingungen der Haltung von Zirkustieren sollen verbessert und die Tiere, die gehalten werden können, eingegrenzt werden
Tierversuche
„Wir setzen uns auf allen Ebenen für eine Reduzierung von Tierversuchen und die Förderung von Alternativen ein. Wir erarbeiten einen Reduktionsplan und sprechen uns gegenüber dem Bund für eine konsequente Umsetzung der EU-Tierversuchsrichtlinie aus.
Langfristiges Ziel bleibt der Ausstieg aus Tierversuchen entsprechend dem Beschluss des EU-Parlaments. Den Tierschutz bei der Bewertung der Unerlässlichkeit und Genehmigung von Tierversuchen werden wir stärken und die versuchsbegleitenden Kontrollen, auf Landesebene, weiter ausbauen.“
Tierhaltungsanlagen
Einführung einer zentralen Statistik zu Stallbränden und deren Ursachen und Auswirkungen
Rechtliche Verbesserung des vorbeugenden baulichen, anlagentechnischen und organisatorischen Brandschutzes für den Neubau, die Nutzungsänderung oder Erweiterung von Tierhaltungsanlagen
Allgemein
Dotierung des geplantes Tierschutzpreises wird erhöht
Der Landestierschutzbeirat sowie die Stabsstelle der Tierschutzbeauftragten soll personell gestärkt werden
Modellprojekte zur Initiierung einer Vertrauensperson Tierschutz
Wir werden die Verfahrensbeteiligung im Rahmen der Mitwirkungsrechte vereinheitlichen und vereinfachen und prüfen, ob für die anerkannten Organisationen Ressourcen bereitgestellt werden können.
Ab S. 43 „Tiergerechte und nachhaltige Tierhaltung in der Landwirtschaft“
Ziel: flächengebundene Tierhaltung
Planungs- und genehmigungsrechtliche Vorgaben für Umbau der Tierhaltung auf Bundesebene vorantreiben sowie eine gut ausgestattete Finanzierung auf Bundes- und Landesebene
Vorantreiben der Regelungen betreffend des betäubungslosen Schnabelkürzens, des Qualzuchtverbotes, der Anbindehaltung und des Ringelschwanzkupierens
Tierschutzplan soll evaluiert und weiterentwickelt werden
Unterstützung der Haltung mit Stroheinstreu und der Zugang zu Auenbereichen
Prüfung der Einrichtung eines „Kompetenzzentrums für nachhaltige Tierzucht“
Tiertransporte
Strengere Voraussetzungen und Kontrollen für Tiertransporte, keine Tierexporte in Hochrisikoländer außerhalb der EU
Bundeseinheitliche Begrenzung von Tiertransporten auf 4 h
Schlachtung
Maßnahmenpaket für mehr Tierschutz in Schlachthöfen
Strengere Voraussetzungen und Kontrollen für Tiertransporte, keine Tierexporte in Hochrisikoländer außerhalb der EU
Schaffung „dezentraler und mobiler Schlachtkapazitäten“, bei tierschutzkonformer Schlachtung nachbessern
Nachweise, Erfassung
Schließen der Nachweislücke (eingestallte Tiere – geschlachtete Tiere – Tierkörperbeseitigungsanlagen)
Schaffung einer digitalen Erfassung von Tierbeständen auf Bundesebene sowie Verbesserung des Herkunftssicherungs- und Informationssystems für Tiere (HIT)
Stärkung der Fachaufsicht der Veterinärämter
Vereinheitlichung von Anträgen zum Neubau, Nutzungsänderung und Erweiterung von Tierhaltungsanlagen (Aufnahme der Vorgaben der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung in die Durchführungs-Verordnung zur Bauordnung)
Rechtliche Verbesserungen
Überführung des Tierschutzstrafrechts in das Strafgesetzbuch, Erweiterung des Strafrahmens
Novellierung des Tierschutzgesetzes
Finanzierung eines „Zukunftsprogramms Diversifizierung“ zur Förderung der Reduzierung der Tierbestände und des Stallumbaus
Antibiotikan Emissionsminderung
Fortführung der Antibiotika-Reduzierungsstrategie
Einheitliche Definition humaner Reserveantibiotika, die nur in der Humanmedizin eingesetzt werden dürfen, wirksame Sanktionen bei Verstößen
Maßnahmen zur Emissionsminderung aus Ställen (Anwohnerschutz)
Maßnahmen für besseren Seuchenschutz, gemeinsame Steuerung mit der Tierseuchenkasse
Jagd (ab Seite 45)
Niedersächsische Jagdgesetz überprüfen (ökologische, wildbiologische und ethische Kriterien sowie den Tierschutz)
Überarbeitung der Liste der Jagdbaren Arten
Haustierabschluss beenden
Abschuss in Jagdgattern beenden
Verbot von Totschlagfallen und Bautenjagd sowie der Ausbildung von Jagdhunden am lebenden Tier
Ausstattung von Lebendfallen mit digitalen Meldern
Evaluierung der Jagd mit Nachtsichtgeräten
Bundesratsinitiative zur bundeseinheitlichen Regelung des Schießnachweises
Stärkung des Tierschutzes, Ökologie, Nachhaltigkeit in der Aus- und Weiterbildung
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