Allgemein Tierversuche

Tierversuchseinrichtungen – vorbereitet auf den Ernstfall? 

Mit Tierversuchen gehen, neben der ethischen Frage, eine Reihe weiterer Probleme einher: Was passiert mit den Tieren bei einem Lock-Down oder Stromausfällen? Der Bundesverband fordert verpflichtende Notfall- und Evakuierungspläne und hat bei Forschungseinrichtungen nachgefragt, wie sie auf den Ernstfall vorbereitet sind. 

Wegen der Energiekrise wächst derzeit auch die Gefahr von Stromausfällen. Dies betrifft auch sogenannte Versuchstiere. Sie sind – wie Tiere in anderen Tierhaltungsanlagen – auf ein funktionierendes Be- und Entlüftungssystem angewiesen. Bei einem längeren Ausfall reichern sich Schadgase wie Ammoniak und CO2 an. Die Folgen für die Tiere reichen von Stress durch Atemnot bis zum Tod durch Ersticken. 

Vorgelegt: Notfallplan-Konzept
Damit frühzeitig Maßnahmen getroffen werden können, um die Tiere in den Laboren im Ernstfall zu retten, hat der Bundesverband der Bundesregierung ein Konzept für einen Notfallplan vorgelegt. Dieses umfasst Maßnahmen für unterschiedliche Notfall-Szenarien. Zentral ist die Bestimmung eines verantwortlichen Notfallteams, das die Versorgung und die mögliche Evakuierung der Tiere koordiniert. Es geht jedoch auch um ein mögliches „Rehoming“, also die Vermittlung von Tieren, die nicht mehr in Versuchen eingesetzt werden, bis zur koordinierten Einstellung des Forschungsbetriebes.

Sind die Labore vorbereitet?
Um herauszufinden, ob die Labore auf den Notfall vorbereitet sind, hat der Bundesverband 30 Tierversuchseinrichtungen in Deutschland befragt, die besonders viele Versuche durchführen. 17 Einrichtungen hatten sich bis Redaktionsschluss zurückgemeldet. Die meisten Antworten fielen knapp, jedoch positiv aus. Bei allen Rückmeldungen wurde die Sicherstellung der Grundversorgung, zum Beispiel im Fall eines Stromausfalls bestätigt. Notfallkonzepte- oder Pläne lägen vor und die Sicherheit der Tiere sei gewährleistet. 

Krisenmanagement in den Universitäten
Die Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg und die Westfälische-Wilhelms-Universität Münster berichteten, dass ein Krisenstab beziehungsweise ein Notfall- und Krisenmanagement eingerichtet wurde, die für die Ausarbeitung von Notfallstrategien zuständig seien. Genannte Vorbereitungsmaßnahmen seien beispielsweise die Bevorratung von sterilisierten Käfigen, Futter und Einstreu, eine mögliche Reduktion von Versuchen und damit eine Reduktion der Zuchten über die Winterzeit. Weitere Maßnahmen waren das Einfrieren von Embryonen oder Spermien, Back-up-Systeme, wie eine zweite Klimaanlage oder ein Notstromaggregat und eine kontrollierte Außerbetriebnahme von weniger relevanten Gebäuden, um Tierhaltungen weiterhin mit Energie versorgen zu können. Auch die Ruhr-Universität Bochum beschrieb einen strukturierten Notfallplan.  

Notfallplan muss verpflichtend sein
Die Rückmeldungen der Universitäten waren zwar positiv. Doch dies reicht uns nicht. Um sicherzustellen, dass ein Notfallkonzept auch tatsächlich eingeführt und umgesetzt wird, muss die Genehmigung der Tierhaltung verpflichtend an die Existenz eines Notfallplans geknüpft werden. Ohne Konzept für den Ernstfall keine Genehmigung. Bereits bestehende Tierhaltungen müssen dazu verpflichtet werden, zeitnah ein Notfallkonzept einzuführen. Die Umfrage hatte neben dem Erkenntnisgewinn noch einen weiteren Vorteil: Die Tierversuchseinrichtungen wissen jetzt, dass von ihnen erwartet wird, die Versorgung der Tiere im Notfall zu gewährleisten – und sie wissen, dass eine kritische Öffentlichkeit dies dokumentiert und beobachtet.