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Kommentar: NRW-Koalitionsvertrag enttäuscht in Sachen Tierschutz

Der schwarz-grüne NRW-Koalitionsvertrag enttäuscht in Sachen Tierschutz. Die Grünen sind von vielen Versprechen in ihrem Wahlprogramm abgerückt. Von der Agrarwende, einem ihrer Kernthemen, sind nur schwammige Ankündigungen übriggeblieben. Auch die Wiedereinführung der Tierschutz-Verbandsklage wurde von der CDU abgeschmettert. Und der Bereich Tierversuche ist Schwarz-Grün nur zwei nichtssagende Sätze wert. Der Vertrag eröffnet aber auch Chancen, wenn die Grünen bereit sind, sich gegen die Bremser aus der CDU durchzusetzen.

54 Zeilen widmet der schwarz-grüne Koalitionsvertrag dem Tierschutz. Dies ist deutlich mehr als die CDU plante, aber auch deutlich weniger als die Grünen in ihrem Wahlprogramm angekündigten. Die Wiederbelebung der Tierschutz-Verbandsklage in NRW, das angebliche grüne Herzensprojekt ist, – wie von Tierschutzseite befürchtet – bei den Koalitionsverhandlungen geopfert worden. Statt den Tierschutz in einem Ministerium zu bündeln, soll die CDU nun sogar das Landwirtschaftsministerium bekommen. Die Grünen erhalten im Gegenzug die Bereiche Klima und Energie sowie Umwelt- und Naturschutz. Es ist zu erwarten, dass der Tierschutz im CDU-geführten Landwirtschaftsministerium verbleibt. Die letzte Legislatur hat gezeigt, dass mit den Konservativen hier keine wirklichen Verbesserungen und schon gar keine Agrarwende zu erwarten ist.

Kein Wort zur Reduzierung der Tierbestände
Die Haltungsbedingungen von landwirtschaftlich genutzten Tieren sollen zwar verbessert werden (Umsetzung der Ergebnisse der Borchert-Kommission, Sofortprogramm zur Förderung tierfreundlicher Außenklimaställe für kleine Betriebe, Verbot von Tiertransporten in Nicht EU-Länder), von der Beendigung der Massentierhaltung oder der Reduzierung der Tierbestände findet sich jedoch nichts (mehr) im Koalitionsvertrag. Positiv ist, dass Großschlachtbetriebe auch durch übergeordnete Behörden kontrolliert werden sollen, eine Videoüberwachung eingeführt und die Betäubung von Tieren tierschutzgerecht gestaltet werden soll.

Tierversuche: übliche Floskeln
Eine völlige Enttäuschung ist der Bereich Tierversuche. Hierzu heißt es im Vertrag: „Wir bekennen uns zum Ziel der Reduzierung von Tierversuchen mit dem 3R-Verfahren (Replacement-Reduction-Refinement). Dazu stärken wir entsprechende Netzwerkarbeit und die Erforschung und Nutzung alternativer Methoden.“ Dies sind die üblichen Floskeln, die schon seit Jahrzehnten in den Regierungsprogrammen zu finden sind. Die 3R bieten zwar Möglichkeiten, das Leid der Tiere und deren Zahl zu reduzieren, eine Abkehr vom Tierversuch ist jedoch nur über das „Replace“, also die vollständige Ablösung von Tierversuchen, durch tierversuchsfreie Verfahren möglich.

Chancen der schwammigen Formulierungen nutzen
Nun liegt die Hoffnung auf der Umsetzung, denn bei aller Kritik liegen in der Schwammigkeit der Formulierungen auch Chancen. Wenn der Satz: „Wir wollen den Tierschutz stärken, die Bedingungen für alle Tiere in unserem Bundesland verbessern und unnötiges Tierleid verhindern“ konsequent umgesetzt würde, wäre dies ein Fortschritt. Ähnlich sieht es mit der Ankündigung aus, den „heimischen Eiweißpflanzenanbau gezielt zu fördern“ oder eine „übergreifende und ganzheitliche Ernährungsstrategie“ zu entwickeln.

Klima- und Tierschutz gehören zusammen
Aber dafür müssen die Grünen auch bereit sein, diese wichtigen Zukunftsaufgaben anzupacken und sich gegen die CDU durchzusetzen. Sie dürfen jetzt nicht den Fehler machen, den Klimaschutz gegen den Tierschutz auszuspielen. Denn Klima- und Tierschutz gehören zusammen. Wir brauchen zur Rettung unseres Klimas auch die Agrarwende, weg vom Konsum tierischer Produkte. Dies ist nicht nur unsere Meinung als Tierrechtsverband, sondern die der Wissenschaft, der Vereinten Nationen und des Weltklimarats…

Christina Ledermann

Auszüge zum Tierschutz aus dem „Zukunftsvertrag für Nordrhein-Westfalen“