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04. Juni 2022: Richtiges Signal: Özdemir will Mehrwertsteuer auf Obst, Gemüse und Hülsenfrüchte streichen

Um die Bevölkerung wegen der gestiegenen Lebensmittelpreise zu entlasten, will Landwirtschaftsminister Cem Özdemir die Mehrwertsteuer auf Obst, Gemüse und Hülsenfrüchte streichen. Davon würden vor allem einkommensschwache Haushalte profitieren. Zudem würde ein Anreiz für gesündere Ernährung geschaffen. Der Bundesverband Menschen für Tierrechte begrüßt diese Ankündigung ausdrücklich. Er fordert schon lange, die Mehrwertsteuer auf gesunde und klima- und tierfreundliche Lebensmittel, wie Gemüse und Hülsenfrüchte, zu senken.

Gleichzeitig fordert der Tierrechtsverband Maßnahmen zur Reduzierung des Fleischkonsums. Dabei geht es um Nahrungsmittelverschwendung und Klimakrise gleichermaßen. Zum einen ist es die Fleischproduktion, für die wichtige Agrarflächen verschwendet werden. Derzeit wandert rund die Hälfte der globalen Getreideproduktion in den Futtertrog. Dabei könnten mit einer getreidebasierten Ernährung dreimal so viel Nahrungsmittel erzeugt werden. Zum anderen sind Fleisch und Milchprodukte für etwa 60 Prozent der Treibhausgasemissionen der Landwirtschaft verantwortlich.

Studie empfiehlt Fleischsteuer
Eine neue Studie der Uni Bonn kommt zu dem Ergebnis, dass der Fleischkonsum in den Industrienationen um mindestens 75 Prozent sinken muss, um die globale Erwärmung unter 1,5 Grad zu halten (1). Die Forscher:innen empfehlen eine Fleischsteuer, weil der aktuelle Preis die Umweltbelastungen nicht abbildet. Nach Berechnungen der Universität Oxford, des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung und der Technischen Universität Berlin müsste ein Kilogramm Rindfleisch durchschnittlich um 35 bis 56 Prozent teurer sein, Lamm- und Schweinefleisch um 19 Prozent und Geflügel um 25 Prozent (2). Während der Fleischkonsum in einigen westlichen Ländern, wie in Deutschland, leicht zurückgegangen ist, steigt er weltweit an.

Nötig: Abgabe auf tierische Produkte
Deswegen fordert Menschen für Tierrechte eine Reduzierung des Fleischkonsums und die Abstockung der Tierbestände. Je weniger Tiere für die Erzeugung tierischer Produkte gehalten werden, desto mehr Flächen stehen für Lebensmittel zur Verfügung. Wirksame Mittel sind eine Abgabe auf tierische Lebensmittel und die Anhebung der Mehrwertsteuer auf Fleisch von aktuell 7 auf 19 Prozent. Diese ist nach Ansicht des Verbandes längst überfällig, denn die geringe Mehrwertsteuer subventioniert klimaschädliche tierische Produkte, während für viele pflanzliche Nahrungsmittel noch immer ein erhöhter Steuersatz bezahlt werden muss.

Chance für systematischen Wandel
„Die Ankündigung des Bundeslandwirtschaftsministers, die Mehrwertsteuer auf Obst, Gemüse und Hülsenfrüchte zu streichen, ist genau das richtige Signal. Die multiplen und existenzgefährdenden Krisen zeigen uns derzeit so deutlich wie nie, dass intensive konventionelle Landwirtschaft eine Sackgasse ist. Ein grundlegender Systemwechsel unseres Landwirtschafts- und Ernährungssystems hin zu einer umwelt-, klima- und tierfreundlichen pflanzenbasierten Ernährung ist unumgänglich“, sagt Christina Ledermann, Vorsitzende des Bundesverbandes Menschen für Tierrechte.

Maßnahmen für eine Agrar- und Ernährungswende
Der Verband hat kürzlich zehn Forderungen für eine Agrar- und Ernährungswende vorgestellt. Herzstück der 10-seitigen Online-Broschüre ist eine Strategie für tier- und klimafreundliche Ernährungsformen. Diese umfasst unter anderem Steuerermäßigungen für klimafreundliche und die gleichzeitige Verteuerung von tierischen Lebensmitteln, eine breit angelegte Informations- und Bildungskampagne für pflanzliche Ernährungsformen, die Erhöhung des Angebotes vollwertiger veganer Mahlzeiten in öffentlichen Einrichtungen sowie mehr Forschungsförderung für pflanzliche Alternativen.

Download der 10-seitigen Broschüre Forderungen für eine Agrar- und Ernährungswende als PDF.

Die zehn Forderungen in Kürze

1. Strategie für tier- und klimafreundliche Ernährungsformen
2. Tierbestände drastisch reduzieren
3. Weg von der Tierhaltung: Umstiegswillige Landwirt:iInnen fördern
4. Forschungsförderung für tierlose Anbausysteme
5. Tierschutzrecht, Vollzug und Gerichtsbarkeit stärken
6. Agrarsubventionen ökologisieren
7. Schädliche Subventionen beenden
8. Ökosysteme renaturieren und pflegen
9. Schluss mit der Exportorientierung
10. Regionaler Anbau statt Soja-Importe

(1) Parlasca, M. C., & Qaim, M. (2022) Meat Consumption and Sustainability. Annual Review of Resource Economics, 14.
(2) Funke, F., Mattauch, L., van den Bijgaart, I., Godfray, C., Hepburn, C., Klenert, D., Springmann, M. & Treich, N. (2022) ‚Is Meat Too Cheap? Towards Optimal Meat Taxation‘. INET Oxford Working Paper No. 2022-01.

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Pressestelle:
Christina Ledermann
Mobil: 0179/450 46 80
E-Mail: ledermann@tierrechte.de
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Menschen für Tierrechte – Bundesverband der Tierversuchsgegner e.V.
Neue Geschäftsstelle: Severinusstr. 52, 53909 Zülpich
Tel: 02252/830 12 10, Internet: www.tierrechte.de


Der Bundesverband Menschen für Tierrechte setzt sich seit seiner Gründung 1982 auf rechtlicher, politischer, wissenschaftlicher und gesellschaftlicher Ebene für die Anerkennung elementarer Tierrechte ein und kämpft gegen jeglichen Missbrauch von Tieren. Das langfristige Ziel ist eine grundsätzliche Veränderung des Mensch-Tier-Verhältnisses. Dem Dachverband mit Hauptsitz in Zülpich (früher Aachen) sind Vereine sowie private Fördermitglieder angeschlossen. Seine Stärke liegt im Zusammenwirken von Seriosität, Fachwissen und Lobbyarbeit auf höchster politischer Ebene. Dazu verfolgt der Verband einen Masterplan zum Ausstieg aus dem Tierversuch und eine Agrarwende von der tierischen zur pflanzlichen Eiweißproduktion, um das Ende der „Nutztier“-Haltung zu erreichen. Darüber hinaus ernennt der Verband beispielsweise das „Ersatzverfahren bzw. Replace des Jahres“ sowie das: „Versuchstier des Jahres“, betreibt die Wissenschaftsplattform InVitro+Jobs für eine konsequente Förderung der tierversuchsfreien Forschung und setzt sich mit dem Projekt SATIS für eine humane Ausbildung ein. Weitere Arbeitsschwerpunkte sind die Etablierung der Tierschutz-Verbandsklage, eine tierlose bio-vegane Landwirtschaft sowie die Aufnahme von Tierrechten in die Lehrpläne von Schulen. Der Verband gibt viermal im Jahr das Magazin tierrechte heraus. Neben einem Themenschwerpunkt informiert die Zeitschrift Journalisten, Wissenschaftler, Politiker, Behörden und Verbandsmitglieder über aktuelle Entwicklungen in der politischen Tierrechtsarbeit. Zudem erscheint zweimal monatlich der Tierrechte Newsletter. Der Bundesverband Menschen für Tierrechte ist seit seiner Gründung als gemeinnützig und besonders förderungswürdig anerkannt. Beiträge und Spenden sind steuerlich absetzbar.

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