Allgemein Interviews Stadttauben

Interview: „Dranbleiben, hartnäckig nachgehen, immer wieder kreativ werden!“

Kommunen davon zu überzeugen, ein Stadttaubenkonzept einzuführen, ist keine leichte Aufgabe. Nur wenige Städte beschäftigen eine/n hauptamtliche/n Taubenbeauftragte/n. Größtenteils übernehmen Ehrenamtliche die Notfall-Versorgung verletzter oder geschwächter Stadttauben und setzen sich für ein tierschutzgerechtes Stadttaubenkonzept ein. Viele Städte ignorieren das immense Tierleid noch immer. Um einen lösungsorientierten Ansatz voranzubringen, ist es hilfreich, den großen Bedarf und die Vorteile für die Einrichtung von Taubenschlägen mit Zahlen und Fakten zu untermauern. tierrechte sprach mit Eileen Jörs, die sich ehrenamtlich bei „Gandolfs Taubenfreunden Hamburg“ engagiert. Das 20-köpfige Team aus Hamburg dokumentiert den Bedarf, beispielsweise, indem über die gemeldeten Notfälle genaue Statistiken geführt werden.

tierrechte: Liebe Eileen, du engagierst dich bei „Gandolfs Taubenfreunden Hamburg“ und bist davor auch schon im Stadttaubenschutz aktiv gewesen. Wie bist du damals auf das Thema Stadttauben aufmerksam geworden?
Eileen Jörs: Eine gute Freundin päppelt seit einigen Jahren Stadttauben. Ich habe hin und wieder Tierarztfahrten übernommen und kam so mit dem Thema in Berührung. Als gebürtige Rostockerin war mir die Stadttaubenproblematik eher unbekannt. Erst in Hamburg wurde ich auf das Leid der Tauben aufmerksam und dachte mir, da muss doch etwas zu machen sein. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass eine Stadt wie Hamburg Tierleid direkt vor der eigenen Haustür ignoriert und jegliche Hilfe mit Strafen sanktioniert. Mittlerweile weiß ich leider selbst zu gut, wie schwierig sich die gesamte Thematik gestaltet.

Foto: E. Jörs, Gandolfs Taubenfreunde Hamburg

tierrechte: Welches sind die zentralen Aufgaben, die „Gandolfs Taubenfreunde Hamburg“ übernehmen?
Eileen Jörs: Als Team mit ca. 20 ehrenamtlichen, erfahrenen Taubenschützer*innen fangen wir hilfsbedürftige Tauben ein, päppeln diese in eigenen Pflegestellen inkl. Tierarztbesuchen und wildern sie anschließend, falls möglich, wieder aus. Wir beraten und helfen bei Problemen mit Stadttauben, nicht nur im privaten Bereich, sondern unterstützen ebenso Firmen und Gewerbetreibende. Insbesondere beim Thema Vergrämungen arbeiten wir mit den Hamburger Veterinärämtern eng zusammen und halten Kontakt zur Deutschen Bahn und den Hamburger Verkehrsbetrieben.

Ein wichtiger Punkt ist die Öffentlichkeitsarbeit und Aufklärung über Stadttauben auf unserer gut besuchten Facebookseite. Zudem betreiben wir einen Taubenhof für gehandicapte Stadttauben sowie für gestrandete und „ausrangierte“ Brieftauben. Unser Ziel ist es, endlich ein Integratives Stadttaubenkonzept (nach dem Augsburger Modell) flächendeckend in Hamburg zu realisieren. Hierfür engagieren wir uns politisch in den einzelnen Bezirken.

tierrechte: Im Online-Vortrag der Reihe Komplex Tier sprecht ihr von einer Verelendung der Stadttauben. Wie viele hilfsbedürftige Tauben werden euch gemeldet?
Eileen Jörs: Durchschnittlich werden uns jeden Monat ca. 200 Notfälle gemeldet. Darüber führen wir eine umfangreiche Statistik inklusive Diagnose, Fundort, Tag, Tierart usw. Diese Statistiken können stellvertretend auch für andere Städte genutzt werden. Wir spüren allerdings die Auswirkungen des Lockdowns sehr stark. Es ist ein ganz klarer Rückgang der Notfallmeldungen (rote Linie in Abb. 1) zu erkennen. Von ursprünglich 200 Notfällen im Sommer 2020 erreichen uns derzeit nur noch durchschnittlich 95 Notfälle pro Monat.

Abb. 1: Monatliche Gesamtkosten (Tiermedizinische Behandlungskosten, Medikamente, Kotproben, etc.), gemeldete Tauben-Notfälle (rote Linie) sowie monatliche Anzahl an Pflegetauben in den Pflegestellen (dunkelrote Linie).

Das liegt leider nicht daran, dass es tatsächlich weniger Notfälle gibt. Es sind weniger Menschen in den Stadtkernen unterwegs, viele sind im Home-Office, pendeln nicht mehr und Tourist*innen bleiben derzeit auch aus. Folglich sinken die Notfallmeldungen. Die Tiere verenden trotzdem weiterhin in großer Anzahl, nur werden sie nicht mehr so häufig gesehen und uns daher nicht gemeldet.

tierrechte: Wie viele der aufgefundenen Tiere stellt ihr in Tierarztpraxen vor?
Eileen Jörs: Durchschnittlich stellen wir monatlich 25 Tauben unserer Tierärztin vor. Auch darüber führen wir eine ausführliche Statistik.

tierrechte: Wie hoch ist der Betrag, den ihr monatlich für die gesamte medizinische Versorgung der aufgefundenen Stadttauben in Hamburg aufwendet?
Eileen Jörs: In Abb. 1 sind unsere monatlichen Gesamtkosten durch die Balken dargestellt. Sie bewegen sich zwischen ca. 600 und 1.900 €. Im Jahresdurchschnitt März 2020 bis März 2021 ergeben sich daraus 1.200 € monatlich. Diese enormen Kosten finanzieren wir ausschließlich privat sowie über Spenden! Einen großen Anteil der gemeldeten Notfälle machen geschwächte Stadttauben aus.

Abb. 2: Notfall-Tauben innerhalb von drei Quartalen (Quelle: E. Jörs, Gandolfs Taubenfreunde Hamburg)

tierrechte: Von wie vielen Tieren sprechen wir da – allein in Hamburg?
Eileen Jörs: Zu den geschwächten Tauben zählen wir alle erwachsenen Stadttauben, die aufgrund von Erschöpfung gesichert werden müssen, aber keine offensichtlichen Verletzungen oder Krankheiten haben. Anhand der Abb. 2 ist zu erkennen, dass geschwächte Tauben den größten Anteil mit 348 Tieren in den letzten drei Quartalen an Notfällen ausmachen. Jungtauben sind zwar ebenfalls häufig geschwächt, wir haben sie aber als weitere Gruppe aufgeführt, um ein differenzierteres Bild zeigen zu können. Würden diese beiden Gruppen zusammengezählt werden, kämen wir auf 627 geschwächte Stadttauben innerhalb von drei Quartalen.

tierrechte: Warum ist die Anzahl der geschwächten Stadttauben so hoch?
Eileen Jörs: Geschwächte Tiere haben eine verringerte Immunabwehr. Stadttauben sind reine Körnerfresser und ernähren sich in der Stadt zwangsweise von Müll, Essensresten und Erbrochenem. Durch den dauerhaften Nahrungsmangel bzw. diese Fehlernährung kippt das Immunsystem und sie werden anfällig für Krankheiten. Parasiten, Viren, Pilze und Bakterien vermehren sich in einem geschwächten Körper überdurchschnittlich stark, sind auf den Menschen jedoch nachgewiesenermaßen nicht übertragbar. Äußeren Einflüssen wie schlechte Witterungsbedingungen und dem insgesamt harten Leben auf der Straße sind diese Tiere dann nicht mehr gewachsen.

Abb. 3: Durchschnittliche Pflegezeit der Tauben je nach Gruppe bzw. Ursache (Quelle: E. Jörs, Gandolfs Taubenfreunde Hamburg)

tierrechte: Wie lange dauert es durchschnittlich bis die geschwächten Tauben wieder auf den Beinen sind?
Eileen Jörs: Durchschnittlich benötigen geschwächte Tauben ca. drei Wochen Pflegezeit bis sie wieder fit sind und freigelassen werden können (Abb. 3). Jedoch versterben leider über 40 % innerhalb der ersten drei Tage in Pflege aufgrund ihrer extremen Schwäche. Bei Bedarf können wir auch gerne eine detaillierte Auswertung über alle Prognosen bzw. den Verbleib aller aufgefunden Tiere/Gruppen zur Verfügung stellen.

tierrechte: Durch die Vermeidung geschwächter Tiere wären deutlich weniger Tauben auf eure Hilfe angewiesen. Es ist anzunehmen, dass dies auch im Interesse der Stadt wäre – wie nehmt ihr das wahr?
Eileen Jörs: Wenn die Stadttauben artgerecht versorgt würden, müssten sie nicht mehr den ganzen Tag auf Futtersuche gehen. Dann würden die häufigsten Ursachen für Notfälle gar nicht erst entstehen und die Anzahl der geschwächten Stadttauben, der Jungtauben, der „Fußtauben“ aber auch ein großer Anteil der verletzten Tauben wäre deutlich geringer. Zusammen wären das über 90 % der gesamten Notfälle!

Das sollte unbedingt im Interesse der Stadt liegen. Nicht nur das Tierwohl würde sich immens verbessern, auch die Beschwerden seitens der Bürger*innen würden sich erheblich reduzieren. Auch die Kosten für Reinigung und Vergrämung wären geringer, da die Verschmutzungen an den Gebäuden, auf Gehwegen und auf öffentlichen Plätzen deutlich zurückgingen.

Fäden, Haare oder sogar Angelschnüre führen zu Verschnürungen, Entzündungen bis hin zum Absterben von Zehen. Foto: E. Jörs, Gandolfs Taubenfreunde Hamburg

tierrechte: Neben den häufigen Gesundheitsproblemen scheinen Verletzungen einen großen Anteil auszumachen. Sind diese Verletzungen auf bestimmte Vergrämungsvorrichtungen wie Netze oder Vogelabwehr-Spikes zurückzuführen?
Eileen Jörs: Nein, nicht ausschließlich. Bis auf Schrägbleche sind unserer Meinung nach allerdings alle gängigen Abwehrmaßnahmen tierschutzwidrig. Die Tiere spießen sich auf Spikes auf, erhängen sich in Netzen oder verhungern elendig dahinter, weil sie den Ausgang nicht mehr finden. Spanndrähte schneiden ihre Füße auf.
Im städtischen Umfeld kommt es auch oft zu Kollisionen mit Bussen, Lastwagen, Fahrrädern oder zu Krähenangriffen und Hundebissen. Die Folge dessen sind Flügel- und Beinbrüche, schwere Anflugtraumata, fehlende Gliedmaßen oder ganze Körperteile.

Stadttauben sehen sich zusätzlich einer Reihe von gewalttätigen Übergriffen durch den Menschen ausgesetzt: Sie werden getreten, überfahren, angezündet, erschlagen, vergiftet, geköpft, erschossen, eingemauert oder lebendig im Müll entsorgt, um nur einige davon zu nennen. Sie hausen zudem unter Brücken, fallen auf die Fahrbahn oder in Gleise.
Selbst in der Dämmerung oder gar Dunkelheit gehen Stadttauben auf langwierige Futtersuche.

Dort wo Menschen sind, liegen oftmals ihre Hinterlassenschaften wie Fäden, Haare oder sogar Angelschnüre. Stadttauben haben „schuppige“ Füße und sind nicht in der Lage sich selbst von den Fäden etc. zu befreien wie bspw. Krähen. Diese Hinterlassenschaften wickeln sich dann immer weiter um ihre Füße, was zu schlimmsten Verschnürungen, Entzündungen und furchtbaren Schmerzen bis hin zum Absterben und Abfallen von Zehen führen kann. Die meisten Verletzungen sind menschengemacht und könnten verhindert/gemildert werden.

tierrechte: Wie Menschen für Tierrechte, zahlreiche Stadttaubeninitiativen und Tierschutzvereine seht ihr Taubenschläge als unbedingt notwendig an, um die schlimme Situation von Stadttauben in vielerlei Hinsicht zu verbessern. Tut sich diesbezüglich etwas in Hamburg?
Eileen Jörs: Unserer Meinung nach ist die einzige nachhaltige und vor allem tierschutzkonforme Lösung das Konzept der öffentlich betreuten Taubenschläge. Bisherige Maßnahmen stellten sich nicht nur als höchst ineffektiv, sondern zumeist auch als tierschutzwidrig heraus. Taubenschläge können den Stadttaubenbestand durch den Austausch der Gelege gegen Ei-Attrappen auf ein verträgliches Maß regulieren. Zudem halten sich Stadttauben vorrangig im und am Schlag auf. Somit verbleibt der Kot im Schlag, die Tiere werden direkt von den Brennpunkten abgezogen und es wächst ein gesunder Taubenbestand heran. Die Anzahl der Taubenschläge sollte unbedingt dem Bestand der Tauben angepasst sein. Ein Ungleichgewicht führt zur Überfüllung der einzelnen Schläge, was wiederum erheblichen Stress für die Tiere verursacht und dadurch im Schlag nicht mehr gebrütet wird.

Betreute Taubenschläge sollten in öffentlicher Hand liegen, da Privatpersonen und kleine Tierschutzorganisationen das Konzept allein nicht stemmen können. Um die Zuverlässigkeit und Langfristigkeit der Koordination und Bereitstellung von Geldern gewährleisten zu können, bedarf es einer übergeordneten Steuerung durch die Stadt- bzw. Gemeindeverwaltungen.

Derzeit versuchen wir die einzelnen Bezirke in Hamburg davon zu überzeugen, da die oberste Behörde in Hamburg (BJV), bei der die Stadttauben inhaltlich zugeordnet sind, blockiert und uns an die jeweiligen Bezirke verweist. Zwei von sieben Bezirken machen sich aktuell auf den Weg, ein taubenschutzgerechtes Konzept zu entwickeln.

tierrechte: Könnt ihr eure Erfahrungen teilen – welches sind die richtigen Ansprechpartner*innen, um allgemein ein Stadttaubenkonzept in einer Stadt anzuregen?
Eileen Jörs: Wir übernehmen zurzeit ehrenamtlich alle Aufgaben, die eigentlich eine taubenbeauftragte Person der Stadt erledigen müsste. Noch ignoriert die Stadt Hamburg diese Tatsache. Es gibt weder Tierschutz- noch Taubenbeauftragte.
Um etwas zu bewirken, sind zum einen die richtigen Entscheidungsträger*innen ausfindig zu machen, also welches Amt / Gremium / Ausschuss usw. bei der Stadt zuständig für die Stadttauben ist. Dann sollte ein Runder Tisch mit allen beteiligten Interessensgruppen (Deutsche Bahn, Gewerbetreibende, Amtsleiter*innen, Fachämter, etc.) erwirkt werden. Dort können Entscheidungen getroffen und GEMEINSAM Lösungen gefunden werden. Starke Kooperationen mit örtlichen Tierheimen, Tierschutzinitiativen, politische Parteien, einzelne Politiker*innen etc. können die Arbeit erleichtern. Allerdings müssen diese Kontakte stetig gepflegt werden.

Zum anderen ist es unerlässlich, sachlich und kompetent zu bleiben, unabhängig davon wie unangenehm die Gespräche verlaufen. Zahlen und Fakten interessieren Politiker*innen – Emotionen leider nur selten. Eigene Befindlichkeiten sollten in den Hintergrund rücken. Die Arbeit in der Politik gleicht eher einem Marathon statt einem Sprint. Daher dranbleiben, hartnäckig nachgehen, immer wieder kreativ werden und sich nicht abschütteln lassen.

tierrechte: Einige Stadttaubeninitiativen berichten von schleppend vorangehenden Gesprächen mit der Stadt. Wie geht ihr in der Zusammenarbeit mit der Stadt vor, welche Tipps könnt ihr geben?
Eileen Jörs: Sinnvoll ist es, mit einem kurzen aber prägnanten Vortrag zur aktuellen Stadttaubensituation zu beginnen. Wir erklären, warum die Stadttauben verwilderte Haustiere sind, räumen mit Mythen auf und zeigen die Verelendung. Dann gehen wir auf die Hotspots näher ein und erläutern den Bedarf und auch die Vorteile von betreuten Taubenschlägen. Bilder sagen dabei oft mehr als Worte.

Ist das Interesse geweckt, sollte auf einen Runden Tisch/eine Arbeitsgruppe hingewirkt werden, um gemeinsam an einer Lösung zu arbeiten. Hier ist Kreativität gefragt. Auch hier heißt es wieder: dranbleiben, Lösungen fordern, Möglichkeiten erläutern und sachlich und kompetent bleiben, so schwer es auch fallen mag.

Der Vorteil von Runden Tischen ist, dass diese relativ unabhängig von Rhythmen anderer Sitzungen sind. Das kann beispielsweise monatlich oder quartalsweise sein.
Wir haben sowohl eine umfassende Präsentation über Stadttauben als auch über diverse Standort- und Taubenschlagmöglichkeiten erstellt, die wir gerne bei Bedarf zur Verfügung stellen.

tierrechte: Welche Tipps gibst du anderen Stadttaubeninitiativen und Tierschutzvereinen, um sich finanziell und mit genügend Tatkräftigen über Wasser zu halten?
Eileen Jörs: Eine abwechslungsreiche Facebookseite und damit auch eine gute Kontaktpflege zu Pat*innen und Spender*innen ist unabdingbar. Wir klären über Stadttauben auf, berichten über unsere politischen Aktivitäten, zeigen Pfleglinge oder unseren Taubenhof, berichten über Tierarztbesuche und teilen schöne Momente und Erfolge mit unseren Leser*innen. Aber auch die nicht so schönen Seiten unserer Arbeit werden aufgezeigt. Sowohl bei den Facebookbeiträgen als auch intern miteinander achten wir stets auf Transparenz, einen respektvollen Umgang, setzen auf Kompetenz und Herzblut. Das funktioniert natürlich nur mit guten Teamplayer*innen.

tierrechte: Was kann jede*r Einzelne tun und wie können sich Ehrenamtliche engagieren?
Eileen Jörs: Allen voran sich gut informieren und das eigene Umfeld aufklären, Mythen aus dem Weg schaffen, das eigene Wissen weitergeben, aber auch beispielsweise Kindern erklären, dass sie die Tiere nicht verjagen sollten. Ein respektvoller Umgang mit jedem Lebewesen sollte selbstverständlich werden. Dazu gehört auch, dass in Not befindlichen Tieren geholfen wird und sie nicht in einer Ecke liegen gelassen werden. Sofortiges Handeln rettet Leben. Gut ist es, beispielsweise immer einen Stoffbeutel parat zu haben. Der kann gut verstaut und im Ernstfall eine hilfsbedürftige Taube sicher transportieren. Dann von oben mittig auf den Körper der Taube beherzt zugreifen und sie in den Stoffbeutel setzen, den Beutel zuknoten und ihn einfach auf dem Arm oder vorsichtig im Fahrradkorb tragen. Keine Angst: Alle Behauptungen bzgl. einer möglichen Krankheitsübertragung konnten als schlichtweg falsch oder übertrieben entlarvt werden.

Ehrenamtliche können sich im lokalen Stadttaubenschutz engagieren, die Möglichkeiten sind vielfältig. Egal ob man Fahrten übernehmen, selbst pflegen, den Taubenhof ab und an betreuen oder lieber schreiben oder sich direkt in der Politik einsetzen möchte, es ist für jeden etwas dabei. Auch freuen sich örtliche Stadttaubenvereine/-initiativen immer über Geld- und Sachspenden.

tierrechte: Zu guter Letzt: Kannst du einen Moment beschreiben, der dich am meisten in deiner Arbeit mit Stadttauben bewegt hat?
Eileen Jörs: Puh, da gibt es gar nicht DEN einen Moment. Es sind eher viele kleine Momente, wenn beispielsweise eine Taube hinter einem Netz befreit wird, ein kleiner Gelbling von den Adoptiveltern angenommen wird oder hilfsbedürftige Tauben gerettet werden können. Denn sie haben in den jeweiligen Momenten nur den Menschen vor Ort. Oder, wenn eine gesund gepflegte Taube in ihren Schwarm entlassen wird und zum ersten Mal wieder hochfliegen und ihre Runden drehen kann. Aber auch die Dankbarkeit und Wertschätzung der Menschen, die die Tauben melden, spenden oder Patenschaften übernehmen, motivieren uns und mich immer wieder. Wir helfen ja in dem Sinne nicht nur den Tieren sondern auch den Menschen, die an dem Leid verzweifeln und manchmal können wir dieses für einige Augenblicke mildern. Unsere Arbeit ist also nie ganz umsonst, denn jedes Leben zählt!

tierrechte: Liebe Eileen, herzlichen Dank für das spannende Interview!
Eileen Jörs: Sehr gern und vielen Dank für die Möglichkeit, unsere Erfahrungen teilen zu dürfen. Wir freuen uns auf einen bundesweiten Austausch und eine Vernetzung der Stadttaubeninitiativen.

Das Interview führte Daniela Fischer.

Stand: 14.06.2021