„Vernünftiger Grund“ ins Jagdgesetz – die Liste der weit über 100 jagdbaren Tierarten kürzen
Die Jagd an sich stellt keinen „vernünftigen Grund“ zum Töten von Tieren im Sinne des Tierschutzgesetzes dar. Und ohne „vernünftigen Grund“ ist die Jagd auf die meisten Tierarten tierschutzwidrig. Um diese Botschaft anlässlich der aktuellen Novellierung des Bundesjagdgesetzes und der anstehenden Bundestagswahl im September gemeinsam zu kommunizieren, haben zwölf Organisationen dieses Frühjahr eine öffentlichkeitswirksame Kampagne gestartet.
Das wesentliche Grundprinzip des Tierschutzrechts ist, dass niemand einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen darf. “Vernünftig ist ein Grund, wenn er als triftig, einsichtig und von einem schutzwürdigen Interesse getragen anzuerkennen ist und wenn er unter den konkreten Umständen schwerer wiegt als das Interesse des Tieres an seiner Unversehrtheit und an seinem Wohlbefinden“ (Lorz-Metzger, TierSchG § 1 Rn 62). Doch Jäger töten jeden Tag unzählige Tiere, obwohl der gesetzlich geforderte „vernünftige Grund“ dafür nicht gegeben ist.
Große Unterstützung der Öffentlichkeit
Mit über 100 Großflächenplakaten in Berlin, Bonn und Hannover machten die Verbände im Frühjahr auf die Problematik aufmerksam. Begleitend zur Plakatkampagne ging die Kampagnenwebseite www.stopkilling.info mit der Petition „Keine Jagd ohne vernünftigen Grund!“ online. Bis Ende Mai konnten so fast 50.000 Unterschriften gesammelt werden. Gleichzeitig wurden die für Tierschutz zuständigen Abgeordneten auf Bundesebene- sowie in Niedersachsen informiert, da Niedersachen gerade dabei ist, das Landesjagdgesetz zu novellieren. Die Petition wird in den nächsten Wochen dazu genutzt, um die Politik weiter für die Problematik zu sensibilisieren. Sehr positiv aufgenommen wurde die Tatsache, dass die Tierschutzverbände mit der gemeinsamen Kampagne an einem Strang ziehen.
Liste der Jagdbaren Tierarten reduzieren
Die zentrale Forderung der Vereine ist, dass der „vernünftige Grund“ als Voraussetzung für das Töten von Tieren in das Bundesjagdgesetz aufgenommen wird. Nur so ist gewährleistet, dass eine Güterabwägung im Sinne der Tiere erfolgt. Außerdem setzt sich die Kampagne für eine tierschutzrechtliche Überprüfung der Liste der über 100 jagdbaren Tierarten ein. Im Zuge dessen muss diese Liste zudem deutlich gekürzt werden. Um die Tiere in Wald und Flur vor tierquälerischen Jagdmethoden zu schützen, müssen zudem Jagd-Praktiken wie die Baujagd oder die Fallenjagd verboten werden. Auch das Töten von Haustieren muss enden, da es im Rahmen des Jagdschutzes ebenfalls unangemessen und nicht verhältnismäßig ist.
Keine Schonzeit für Füchse
Der Rotfuchs beispielsweise, wird in den meisten Bundesländern ohne reguläre Schonzeit bejagt. Dabei sterben jährlich weit über 400.000 Tiere. Das Argument, dass die intensive Fuchsjagd zur Stabilisierung bedrohter Tierarten beiträgt, ist Jägerlatein. Denn Füchse sind äußerst nützlich: Sie fressen das Aas überfahrener Tiere, erbeuten bis zu 5.000 Mäuse pro Jahr und sind „Fitness-Trainer“ ihrer Beutetiere: Durch das Reißen kranker und schwacher Tiere wird die Ausbreitung von Krankheiten verhindert.
Haustierabschuss unverhältnismäßig
Nach Schätzungen von Bundesländern werden jedes Jahr 200.000-300.000 Katzen von Jägern erschossen oder in Fallen getötet. Ziel soll der Schutz von Wildtieren sein. Doch die Tötung von Hauskatzen trägt nicht zum Erhalt der Wildtierarten bei, die als Beute für Katzen in Frage kommen. Die Tötung von Hauskatzen ist darum in Bezug auf den Nutzen unverhältnismäßig und der denkbar größte Eingriff in das Eigentumsrecht des Katzenhalters.
Abschuss geschützter Vögel
Insgesamt werden in Deutschland jedes Jahr über zwei Millionen Vögel im Rahmen der Jagd getötet – die wenigsten davon werden als Lebensmittel verwertet. Die meisten Vögel werden getötet, weil sie als „Schädlinge“ für die Landwirtschaft betrachtet werden. Ein Nachweis dafür, dass die Jagd einen positiven Einfluss auf die Schadensituation durch Wildvögel in der Landwirtschaft hat, wurde bisher allerdings nicht erbracht. Auch Tausende Zugvögel, wie die Waldschnepfe, werden jedes Jahr geschossen. Dabei gilt sie gemäß Bundesnaturschutzgesetz als besonders geschützte Art.
Höchste Zeit für Veränderung
Die Forderungen der Kampagne richten sich sowohl an die amtierende Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) sowie die zuständigen Ministerien in den Ländern als auch an die politischen Verantwortlichen der Parteien, die voraussichtlich in der kommenden Legislaturperiode an der Regierung beteiligt sein werden.
Lesen Sie mehr zu der Kampagne und den Forderungen auf stopkilling.info