Tierrechtsorganisation gewinnt Rechtsstreit gegen Umweltministerium
Die Tierbefreiungsoffensive Saar (TiBOS e.V.) hat den langjährigen Rechtsstreit um die Tierschutz-Verbandsklage im Saarland gewonnen. Das saarländische Umweltministerium hatte der Tierrechtsorganisation 2019 die Anerkennung als klagebefugter Verein entziehen wollen, nachdem die TiBOS e.V. völlig zu Recht die erste Tierschutz-Verbandsklage einreichte – ein juristischer Skandal. Nun entschied das Verwaltungsgericht Saarlouis im Hauptsacheverfahren, dass der Versuch des Ministeriums, dem Verein die Klagebefugnis abzuerkennen, eindeutig verfassungswidrig war.
Im Juni 2013 führte der Saarländische Landtag die Tierschutz-Verbandsklage ein. Dies war aus Sicht des Tierschutzes ein Meilenstein, denn das Klagerecht ermöglicht seitdem anerkannten Tierschutzverbänden tierschutzrelevante Entscheidungen von Behörden gerichtlich überprüfen zu lassen. Doch als die Tierbefreiungsoffensive Saar (TiBOS e.V.) im Frühjahr 2019 die erste Verbandsklage einreichte, sollte dem klagewilligen Verein kurzerhand die Anerkennung entzogen werden.
Entzug der Klagebefugnis drohte
Im Kern ging es darum, dass das Umweltministerium der Schwanenstation in Perl eine Betriebserlaubnis erteilte, obwohl dort seit Jahren immer wieder tierschutzwidrige Zustände dokumentiert wurden. Gegen die Erteilung der Betriebserlaubnis reichte die TiBOS e.V. im Frühjahr 2019 Klage ein. Daraufhin drohte das saarländische Umweltministerium der Tierrechtsorganisation mit der sofortigen Aberkennung ihrer Klagebefugnis.
Entscheidung war verfassungswidrig
Daraufhin ergriff die TiBOS e.V. alle rechtlichen Mittel und klagte gegen den drohenden Entzug der Klagebefugnis – mit Erfolg: Nachdem der Verein bereits 2020 das Eilverfahren (5 L 948/19) gewann, entschied das Verwaltungsgericht Saarlouis am 30. März 2021 auch im Hauptsacheverfahren im Sinne der Tierrechtsorganisation. Nun steht fest, dass der Versuch des Ministeriums, dem Verein die Klagebefugnis abzuerkennen, unrechtmäßig war. Das Gericht attestierte dem Ministerium in einer langen Begründung Rechtsbruch, Unverhältnismäßigkeit und gravierende Ermessensfehler, die Entscheidung sei zudem verfassungswidrig gewesen.
Rechtsstaatlichkeit wiederhergestellt
„Es handelt sich um eine der maßgeblichen und prägenden Entscheidungen des Tierschutzrechts der letzten Jahre. Sie entlarvt das Vorgehen des Ministeriums als Rechts- und Verfassungsbruch. Dies ist auch ein Sieg der Rechtsstaatlichkeit, der die große gesellschaftliche Bedeutung der Tierschutz-Verbandsklage und der anerkannten Vereine aufzeigt“, kommentiert der Rechtsanwalt Dr. Michael Heuchemer, der die TiBOS e.V. vertritt.
„Ohrfreige für das Umweltministerium“
„Der Ausgang des Verfahrens ist wegweisend für den Tierschutz und eine schallende Ohrfeige für das Umweltministerium. Denn nun steht fest, dass das Vorgehen der Behörde verfassungswidrig war. Zuerst führt das Land die Tierschutz-Verbandsklage ein. Wenn dann ein anerkannter Verein – sachlich völlig berechtigt – gegen eine Behördenentscheidung Klage erhebt, sollte er quasi mundtot gemacht werden, indem man ihm kurzerhand die Klagebefugnis entzieht. Dass dies die Absicht des Ministeriums war, hat das Gericht nun klar bestätigt. Außerdem hat das Gericht die große Bedeutung der Verbandsklage für eine effektive Durchsetzung des Tierschutzrechts betont“, kommentiert Christina Ledermann, Vorsitzende von Menschen für Tierrechte, das wegweisende Urteil.
Kronzeugin bestätigt tierschutzwidrige Zustände
Zu Beginn des Jahres bestätigte zudem eine Kronzeugin die tierschutzwidrigen Zustände in der Schwanenstation in Perl und belastete den Leiter Lothar Lorig schwer. Sie berichtete unter anderem von unsachgemäßen medizinischen Behandlungen und Experimenten, die teilweise mit dem Tod der Tiere endeten. Diese Erkenntnisse bestätigen die Rechtmäßigkeit der ursprünglichen Klage der TiBOS. Die Ermittlungsbehörde ermittelt aktuell wegen des Verdachts auf Verstoß gegen das Tierschutzgesetz.
Hier finden Sie eine ausführliche Stellungnahme des Rechtanwaltes Dr. Michael Heuchemer als PDF.
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Der Bundesverband Menschen für Tierrechte setzt sich seit seiner Gründung 1982 auf rechtlicher, politischer, wissenschaftlicher und gesellschaftlicher Ebene für die Anerkennung elementarer Tierrechte ein und kämpft gegen jeglichen Missbrauch von Tieren. Das langfristige Ziel ist eine grundsätzliche Veränderung des Mensch-Tier-Verhältnisses. Dem Dachverband mit Hauptsitz in Zülpich (früher Aachen) sind Vereine sowie private Fördermitglieder angeschlossen. Seine Stärke liegt im Zusammenwirken von Seriosität, Fachwissen und Lobbyarbeit auf höchster politischer Ebene. Dazu verfolgt der Verband einen Masterplan zum Ausstieg aus dem Tierversuch und eine Agrarwende von der tierischen zur pflanzlichen Eiweißproduktion, um das Ende der „Nutztier“-Haltung zu erreichen. Darüber hinaus ernennt der Verband beispielsweise das „Ersatzverfahren bzw. Replace des Jahres“ sowie das: „Versuchstier des Jahres“, betreibt die Wissenschaftsplattform InVitro+Jobs für eine konsequente Förderung der tierversuchsfreien Forschung und setzt sich mit dem Projekt SATIS für eine humane Ausbildung ein. Weitere Arbeitsschwerpunkte sind die Etablierung der Tierschutz-Verbandsklage, eine tierlose bio-vegane Landwirtschaft sowie die Aufnahme von Tierrechten in die Lehrpläne von Schulen. Der Verband gibt viermal im Jahr das Magazin tierrechte heraus. Neben einem Themenschwerpunkt informiert die Zeitschrift Journalisten, Wissenschaftler, Politiker, Behörden und Verbandsmitglieder über aktuelle Entwicklungen in der politischen Tierrechtsarbeit. Zudem erscheint zweimal monatlich der Tierrechte Newsletter. Der Bundesverband Menschen für Tierrechte ist seit seiner Gründung als gemeinnützig und besonders förderungswürdig anerkannt. Beiträge und Spenden sind steuerlich absetzbar.
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