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MARGRITS KOLUMNE: Osterhase oder Versuchskaninchen?

Sie sind braun, in Goldpapier gewickelt, haben ein rotes Bändchen und ein goldenes Glöckchen um. Wir packen es aus und beißen die Ohren ab. Die spielen beim lebendigen New Zealand White Rabbit „ideal for general multipurpose model“ auch eine wichtige Rolle. Warum?

Die lebendigen Kaninchen sind weiß und haben statt des Goldpapiers einen engen Kasten um sich herum. Ihre Ohren sind wichtig, nein, sie werden nicht abgebissen, sondern es wird „nur“ eine Substanz in eine Vene injiziert, das nennt man dann „Pyrogentest“ – aus den Worten „pyros“ = Feuer und „gen“ = erzeugen. Wenn die Substanz entzündliche Stoffe enthält, etwa von Pílzen, Viren, Kunststoff- und Metallabrieb etc., bekommen die weißen Kaninchen Fieber – sie werden zum Messinstrument. Tausendfach!

Verunreinigungen sind für den Menschen gefährlich, er wäre arm dran, wären Impfstoffe, Infusionslösungen, künstliche Herzklappen etc. nicht völlig frei von Schadstoffen. Doch ein Test am empfindsamen Lebewesen gehört längst zum alten Eisen. Seit zehn Jahren gibt es einen anerkannten Test, bei dem kein Tier leiden muss und der zudem den Vorteil hat, dass die Ergebnisse direkt auf den Menschen übertragbar sind. Sein Name ist nicht Hase, sondern MAT, kurz Monocyte Activation Test.

Kürzlich wurde ein zukunftsweisendes Urteil gefällt. ESSO Raffinage hatte für eine Neuentwicklung eine Studie vorgelegt, die die Sicherheit seiner Chemikalie mit tierversuchsfreien, schon früher anerkannten Quellen belegte – doch die Chemikalienbehörde ECHA (European Chemicals Agency in Helsinki) verlangte weiterhin den Test an Hunderten von Kaninchen. Daraufhin wandte sich ESSO an den EuGH (Europäischen Gerichtshof) – mit Erfolg: Durch die Unterstützung von ECEAE (European Coalition to End Animal Experiments) wurden die vom Konzern vorgelegten Beweise anerkannt und die Kaninchenversuche hinfällig – ein Quantensprung im Genehmigungsverfahren.

© Margrit Vollertsen-Diewerge April 2021