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EU-Agrarpolitik: Verlorene Jahre für Klima- und Tierschutz

Ende November 2021 hat das EU-Parlament über die EU-Agrarpolitik bis 2027 abgestimmt. Doch statt einem großen Wurf für Tier-, Klima- und Artenschutz verpasst die EU die Chance für die so bitter nötige Agrarreform – zu Lasten von Tieren, Umwelt und Klimaschutz.

Über drei Jahre hat die EU um eine Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) gerungen. Diese sollte die Landwirtschaft umwelt-, klima- und tierfreundlicher machen. Dazu hat die EU neben der Einkommensstützung der landwirtschaftlichen Betriebe ergänzende Ökoregelungen, sogenannte Eco-Schemes, eingeführt. Doch nach Jahren der Verhandlungen zeigt sich, dass die Lobbyisten der Agrarlobby ganze Arbeit in Brüssel geleistet haben. Mit den Stimmen von Konservativen, Sozialdemokrat:innen, Liberalen und Rechtskonservativen wurde die neue Agrarpolitik am 23. November 2021 angenommen. Dagegen stimmten Grüne, Linke und die SPD, die sich gegen die Fraktionslinie der europäischen Sozialdemokrat:innen stellte.

Kleine Verbesserungen reichen nicht aus
Grundsätzlich basiert die Förderpolitik der GAP auf zwei Säulen. Die größere erste Säule richtet sich nach der Größe der Betriebe. Die zweite kleinere Säule ist für ökologische Maßnahmen wie Blühstreifen vorgesehen. Sie dient dazu, die Fehlanreize der ersten Säule wieder abmildern. Die Reform sieht vor, dass ab 2023 zehn Prozent der Direktzahlungen aus der ersten Säule automatisch in die zweite Säule fließen, bis 2026 sollen sie auf 15 Prozent ansteigen. Außerdem sollen 22 Prozent aller Direktzahlungen an Umwelt-Maßnahmen geknüpft werden. Bis 2025 sollen es 25 Prozent sein.

EU bleibt schädlichen System treu
Dies sind zwar kleine Verbesserungen, im Kern bleibt die EU jedoch dem Prinzip treu, dass der Großteil der Agrarsubventionen weiterhin ohne konkrete Umweltvorgaben an Großbetriebe fließt. Etwa 80 Prozent der Zahlungen gehen damit an nur 20 Prozent der Betriebe. Das bedeutet, dass der Löwenanteil der EU-Steuergelder weiterhin die industrielle Landwirtschaft und damit auch die Massentierhaltung finanzieren wird.

Fehlgeleitete Förderpolitik untergräbt Green Deal
Dies ist umso katastrophaler, wenn man bedenkt, dass die Agrar-Subventionen der größte Posten im EU-Budget sind. In keinen anderen Wirtschaftszweig fließen mehr Steuergelder. 387 Milliarden Euro sollen in der Haushaltsperiode 2021 bis 2027 verteilt werden. Hinzu kommt, dass diese fehlgeleitete Förderpolitik, die Ziele des Green Deals untergräbt, der eine Ökologisierung der EU-Landwirtschaft einleiten sollte. Der Bundesverband und viele andere NGOs hatten immer wieder gefordert, dass die Vergabe von Fördergeldern zwingend an Maßnahmen für mehr Tier-, Umwelt- und Naturschutz gekoppelt werden müsse – leider ohne Erfolg.

Hoffnungsschimmer Ampel?
Eine weiterer Teil der Reform ist, dass die EU-Mitgliedsländer mehr Einfluss erhalten, um die GAP vor Ort umzusetzen. Dies soll mithilfe nationaler Strategiepläne gelingen. Hier liegt Chance und Risiko zugleich, denn die Zielvorgaben, an denen sich die nationalen Strategiepläne ausrichten, sind schwammig formuliert. Ein klarer Bezug zum European Green Deal fehlt, ebenso wie Vorgaben zur Reduktion von Treibhausgasen. Grundsätzlich wäre es möglich, über die Ausgestaltung der Eco-Schemes mehr für Öko-Landwirtschaft und Grünland zu erreichen. Nun liegt es in der Hand der Mitgliedsländer, ob sie die nächsten Jahre für den notwendigen Umbau der Landwirtschaft nutzen.

Regierung will Landwirtschaft ökologisieren
Hoffnung machen die Pläne der neuen Bundesregierung in ihrem Koalitionsvertrag. Darin kündigt sie an, die „Nutztierhaltung in Deutschland artgerecht umzubauen“, Investitionsförderungen künftig an den Haltungskriterien der oberen Stufen auszurichten, die Entwicklung der Tierbestände an die Fläche zu binden und sie in Einklang mit den Zielen des Klima-, Gewässer- und Emissionsschutzes zu bringen. Außerdem kündigen die Parteien an, die Landwirte auf dem Weg zur Klimaneutralität im Rahmen des Umbaus der Nutztierhaltung zu unterstützten, die gesamte Landwirtschaft an den Zielen Umwelt- und Ressourcenschutz ausrichten und bis zum Jahr 2030 den Ökolandbau auf 30 Prozent auszubauen. Die Pläne der neuen Bundesregierung klingen sehr ambitioniert. Doch es wird sich erst bei der Umsetzung zeigen, wie tragfähig sie sind. Vieles ist noch unklar, beispielsweise, wie der Umbau der Tierhaltung finanziert werden soll. In jedem Fall wird sich der Bundesverband weiter für mehr Tier-, Arten- und Klimaschutz einsetzen und sein letztendliches Ziel, den Ausstieg aus der Tierhaltung zugunsten pflanzlicher Eiweißträger, nicht aus den Augen verlieren.