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21. Dezember 2020: Studium ohne Tierverbrauch: Kritik am neuen Hochschulgesetz unberechtigt

Der Bundesverband Menschen für Tierrechte und sein Landesverband Menschen für Tierrechte Baden-Württemberg e.V. begrüßen das neue baden-württembergische Hochschulgesetz. Die Neufassung ist ein großer Fortschritt, denn das Gesetz ermöglicht den Studierenden ihr Hochschulstudium zu absolvieren, ohne an Tierversuchen oder Tierverbrauch teilnehmen zu müssen. Gleichzeitig wenden sich beide Vereine gegen die Kritik der Universität Hohenheim an der Novelle. In einem Offenen Brief rufen sie die Mitglieder des Universitätsrates dazu auf, den Fokus auf moderne und ethisch einwandfreie Lehrmethoden zu legen.

In medizinischen, biologischen und verwandten Studiengängen werden immer noch Tiere für die Lehre „verbraucht“. Dies betrifft Übungen mit lebenden sowie mit toten Tieren. Bisher mussten Studierende, die aus Gewissensgründen die Verwendung von Tieren in ihrem Studium verweigerten, mit Nachteilen rechnen. Dies soll sich mit der am 16. Dezember 2020 beschlossenen Novelle des baden-württembergischen Hochschulgesetzes ändern. Paragraf 30a legt jetzt fest, dass in der Lehre auf die Verwendung von hierfür getöteten Tieren verzichtet werden soll, sofern wissenschaftlich gleichwertige Methoden (…) zur Verfügung stehen.

Wissenschaftsfreiheit nicht gegen Tierschutz ausspielen
Doch die Stärkung des Tierschutzes wird nicht von allen Seiten begrüßt: So warnte die Universität Hohenheim vor dramatischen negativen Auswirkungen auf die Qualität der Ausbildung und sowie vor einer nicht hinnehmbaren Beschränkung der Freiheit von Forschung und Lehre. Der Bundesverband Menschen für Tierrechte und sein baden-württembergischer Landesverband halten diese Kritik für unberechtigt. In einem Offenen Brief rufen Sie die Mitglieder des Universitätsrates dazu auf, Ihre Verantwortung für die Ihnen anvertrauten Tiere ernst zu nehmen und sich für eine moderne und zukunftsorientierte Lehre einzusetzen.

Kein Eingriff in die Forschungsfreiheit
„Die von den Mitgliedern des Universitätsrates beschworenen Horrorszenarien, in denen sie vor dramatischen Auswirkungen auf die Qualität der Ausbildung warnen, sind schlicht haltlos“, sagt die Tierärztin Stefanie Schindler. „Die Warnung des Universitätsrates vor einem vollständigen Stopp von Tierversuchen in der Lehre geht völlig an der Realität vorbei. Im Gegenteil bezieht sich der Paragraf 30a nur auf eigens getötete Tiere in der Lehre und kommt nur zum Tragen, wenn eine valide tierfreie Alternative existiert. Diese Einschränkung des Tierverbrauchs entspricht der aktuellen Gesetzeslage und hat mit der Forschung gar nichts zu tun“, ergänzt Schindler, Fachreferentin für tierversuchsfreie Methoden beim Bundesverband.

Moderne Lehrmethoden statt Tiereinsatz
„Es ist enttäuschend, dass sich die Universität gegen diese überfälligen Verbesserungen beim Tierschutz stellt“, kritisiert Julia Thielert, wissenschaftliche Mitarbeiterin bei Menschen für Tierrechte Baden-Württemberg e.V. „Wir erwarten, dass die Universität ihrer Verantwortung für die ihr anvertrauten Tiere gerecht wird. Statt Tiere zu töten, stehen mittlerweile viele moderne Lehrmethoden wie Modelle, Filme oder Computersimulationen zur Verfügung. In unserem Offenen Brief rufen wir die Verantwortlichen deswegen dazu auf, sich für eine moderne und zukunftsorientierte Lehre einzusetzen “, sagt Thielert.

Tierschutzvorgaben geringer als in anderen Bundesländern
Baden-Württemberg ist – nach Bremen, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, dem Saarland, Sachsen-Anhalt und Thüringen – das achte Bundesland, das die studentische Ausbildung ohne verpflichtende Tierversuche im Hochschulgesetz verankert. Dabei liegen die Regelungen im baden-württembergischen Hochschulgesetz an mehreren Stellen noch weit hinter den Tierschutz-Anforderungen anderer Bundesländer zurück. Bei der Zahl der Tierversuche lag Baden-Württemberg 2019 bundesweit an der 2. Stelle der aktuellen Statistik. Während dort letztes Jahr 498.471 Tiere in Versuchen leiden und sterben mussten, waren es in Bayern 572.462.

Hier können Sie den Offenen Brief als PDF herunterladen.

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Pressestelle:
Christina Ledermann
Tel.: 05840/99 99 790
Mobil: 0179/450 46 80
E-Mail: ledermann@tierrechte.de

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Menschen für Tierrechte – Bundesverband der Tierversuchsgegner e.V.
Neue Geschäftsstelle: Severinusstr. 52, 53909 Zülpich
Tel: 02252/830 12 10, Internet: www.tierrechte.de

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Der Bundesverband Menschen für Tierrechte setzt sich seit seiner Gründung 1982 auf rechtlicher, politischer, wissenschaftlicher und gesellschaftlicher Ebene für die Anerkennung elementarer Tierrechte ein und kämpft gegen jeglichen Missbrauch von Tieren. Das langfristige Ziel ist eine grundsätzliche Veränderung des Mensch-Tier-Verhältnisses. Dem Dachverband mit Hauptsitz in Zülpich (früher Aachen) sind Vereine sowie private Fördermitglieder angeschlossen. Seine Stärke liegt im Zusammenwirken von Seriosität, Fachwissen und Lobbyarbeit auf höchster politischer Ebene. Dazu verfolgt der Verband einen Masterplan zum Ausstieg aus dem Tierversuch und eine Agrarwende von der tierischen zur pflanzlichen Eiweißproduktion, um das Ende der „Nutztier“-Haltung zu erreichen. Darüber hinaus ernennt der Verband beispielsweise das „Ersatzverfahren bzw. Replace des Jahres“ sowie das: „Versuchstier des Jahres“, betreibt die Wissenschaftsplattform InVitro+Jobs für eine konsequente Förderung der tierversuchsfreien Forschung und setzt sich mit dem Projekt SATIS für eine humane Ausbildung ein. Weitere Arbeitsschwerpunkte sind die Etablierung der Tierschutz-Verbandsklage, eine tierlose bio-vegane Landwirtschaft sowie die Aufnahme von Tierrechten in die Lehrpläne von Schulen. Der Verband gibt viermal im Jahr das Magazin tierrechte heraus. Neben einem Themenschwerpunkt informiert die Zeitschrift Journalisten, Wissenschaftler, Politiker, Behörden und Verbandsmitglieder über aktuelle Entwicklungen in der politischen Tierrechtsarbeit. Zudem erscheint zweimal monatlich der Tierrechte Newsletter. Der Bundesverband Menschen für Tierrechte ist seit seiner Gründung als gemeinnützig und besonders förderungswürdig anerkannt. Beiträge und Spenden sind steuerlich absetzbar.

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