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Margrits Kolumne: Hat Zoo Zukunft?

Mit sechs Seehunden in einer Badewanne begann es auf der Hamburger Reeperbahn. Carl Hagenbeck zeigte ab 1848 exotische Tiere hinter Gittern, die man gegen Geld anschauen konnte. Trotz der Weiterentwicklung zum (fast) gitterfreien Tiergarten bzw. Tierpark ist das Grundprinzip noch heute dasselbe, angefangen beim Zoo Leipzig (gegr. 1878) über den Tierpark Hellabrunn, den Zoologischen Garten Berlin bis zum Erlebnis-Zoo Hannover, den Grünen Zoo Wuppertal bis zum Münsteraner Allwetter-Zoo und etwa 70 weiteren „wissenschaftlich geleiteten“ Zoos (= Arche).

Die moderne Zurschaustellung von Tieren wird damit begründet, dass nur so ein „Artenerhaltungszuchtprogramm“ erfolgreich durchgeführt werden könne. Dr. Dag Encke, Tiergarten-Direktor in Nürnberg, sagte am 26. November in der WDR-Sendung „Planet Wissen“: „Die Besucher erwarten von uns eine heile Welt und eine natürliche Umgebung.“

Dabei nimmt man den Tod der Lieblingstiere in Kauf: Vier junge Ziegen, die eben noch von den Kindern im Streichelzoo gestreichelt wurden, werden getötet und im Löwengehege an Bäume gebunden. Dann beginnt das Schauspiel, Ganzkörperverwertung nennt man das. Die Löwen sollen sich anstrengen, um an ihre Beute zu kommen. Biologe Encke gibt zu, es sei „eine schwierige Debatte“, wenn eigene Tiere verfüttert werden. Kommt ein empörter Aufschrei der Besucher? Nein, denn „in Freiheit sind Löwen ja auch Fleischfresser.“

Für vom Zoll beschlagnahmte Tiere, die vom Aussterben bedroht sind, ist der Zoo die „Arche“, in der sie aufgenommen und medizinisch betreut werden. So etwa der Vietnamesische Krokodilmolch, der erst vor 15 Jahren entdeckt wurde. Als „Welterstnachzucht“ schickte der Kölner Zoo jetzt nachgezüchtete Exemplare zurück in ihr Heimatland. Mit Artenrettung und Erlebniswelt will man dafür sorgen, dass der Zoo Zukunft hat.

Dennoch stehen die Zeichen der Zeit auf Veränderung. Was macht man mit einem stattlichen Löwen, der mit seiner Gefährtin in einem schönen Gehege lebt und keine Nachkommen in die Welt setzt?

© Margrit Vollertsen-Diewerge, 1. Dezember 2020

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