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08. September 2020: Kritik am Bundesjagdgesetz – Offener Brief an Julia Klöckner

Im Rahmen der derzeitigen Novellierung des Bundesjagdgesetzes (BJagdG) haben sich 15 Tier- und Artenschutzorganisationen in Form eines Offenen Briefes an Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) gewandt. In diesem fordern die Vereine Klöckner auf, die Novelle des BJagdG konstruktiv zu nutzen, um die ökologisch überholten, traditionellen Strukturen des Jagdrechts an die im Grundgesetz verankerten Grundsätze des Umwelt- und des Tierschutzes anzupassen.

Umweltschutz und Tierschutz sind als gleichrangige Staatsziele in Artikel 20 a Grundgesetz festgeschrieben. Sie müssen deswegen bei neuen gesetzlichen Regelungen berücksichtigt und eine Verträglichkeitsprüfung durchgeführt werden. Sind negative Auswirkungen auf Umweltschutz und Tierschutz zu befürchten, so müssen schonendere Alternativen genutzt werden.

„Bei der Novelle des BJagdG wurden die Staatsziele Tierschutz und Umweltschutz nicht ausreichend berücksichtigt. Stattdessen haben sich die großen privaten Waldbesitzer mit ihrer Devise „Wald vor Wild“ durchgesetzt. Deswegen ermöglicht die Novelle nun auch nachts die Jagd auf Wildschweine. Außerdem soll die Bejagung von Rehwild erheblich ausgeweitet werden“, kritisiert Christina Ledermann, Vorsitzende des Bundesverbandes Menschen für Tierrechte.

Das Verbot von Nachtzielgeräten, die einen Bildwandler oder eine elektronische Verstärkung für Schusswaffen besitzen, soll für Wildschweine gänzlich aufgehoben werden. Die Verbände befürchten, dass diese nicht kontrollierbare Regelung auch für die nächtliche Jagd auf andere Tierarten missbraucht wird. Hinzu kommt, dass der behördliche Abschussplan für Rehe durch die jährliche Vereinbarung eines Mindestabschusses ersetzt werden soll. Der Gesetzgeber ist der Meinung, dass in Deutschland noch mehr als bereits etwa 3.000 Rehe pro Tag abgeschossen werden sollten, um einen kostengünstigen Waldumbau zu ermöglichen. Dies wird nach Ansicht der Verbände nicht funktionieren. Denn der jagdliche Eingriff wird letztlich nur eine Erhöhung der Reproduktion der Tiere bewirken.

Der Entwurf lässt zudem wichtige Konkretisierungen der Jagdgesetzgebung vermissen: „Seit 26 Jahren ist der Tierschutz Staatsziel. Bei der Jagd hat sich seitdem – abgesehen von wenigen Ausnahmen in Bundesländern mit grüner Regierungsbeteiligung – nicht viel getan. Es fängt schon damit an, dass Tierschutzvertreter bei der Novellierung nicht eingebunden waren. Die Bundesregierung hätte die Novelle zudem nutzen müssen, um endlich unbestimmte Rechtsbegriffe wie „Weidgerechtigkeit“ oder „Hege“ durch klare, nachvollziehbare und kontrollierbare Definitionen zu ersetzen. Überfällig ist auch die Überprüfung, ob die Liste der jagdbaren Arten mit dem „Vernünftigen Grund“ des Tierschutzgesetzes vereinbar ist,“ fügt Ledermann hinzu.

Um den Wald und die Tiere zu schützen, schlagen die Verbände als mildere Mittel eine harmonisierte und deutlich verkürzte Jagdzeit von Oktober bis Dezember für alle Wildtiere ,sowie ein vollständiges Verbot der Nachtjagd vor. Zudem sollten jagdfreie Areale sowie Äsungsflächen ausgewiesen werden und Maßnahmen zur wildtierfreundlichen Umgestaltung der Übergangszonen von der Flur zum Wald gefördert werden.

Offener Brief an Bundesministerin Klöckner als PDF
Referentenentwurf des Bundesjagdgesetzes als PDF

Foto Beitrag: wandersmann / pixelio.de
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