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12. Februar 2020: Kulturerbe Brieftaubenwesen: Tierschutzmaßnahmen zweifelhaft

Der Verband Deutscher Brieftaubenzüchter hat sich erneut für die Aufnahme des „Brieftaubenwesens“ in das Bundesinventar des Immateriellen Kulturerbes beworben. Nachdem der Verband damit bereits 2018 gescheitert war, verweisen die Züchter nun auf interne Vorgaben zum Tierschutz. Nach Ansicht des Bundesverbandes Menschen für Tierrechte sind diese jedoch nach wie vor völlig unzureichend, um die Missstände beim sogenannten Brieftaubensport zu beheben.

Nach der 2018 gescheiterten Bewerbung des Brieftaubenwesens als nationales immaterielles UNESCO-Kulturerbe hat sich der Verband Deutscher Brieftaubenzüchter im Oktober 2019 erneut um eine Anerkennung beworben. Damals hatte der Bundesverband Menschen für Tierrechte die Mitglieder der Kultusministerkonferenz (KMK) und das Expertenkomitee der Deutschen UNESCO-Kommission aufgefordert, aufgrund der tierschutzwidrigen Praktiken gegen die Anerkennung des „Brieftaubenwesens“ zu stimmen.

Zweifel am Tierschutz führten zur Ablehnung
Die Bewerbung wurde 2018 – wie der rheinland-pfälzische Kultusminister mitteilte – unter anderem aufgrund von Zweifeln an der Einhaltung der Tierschutzgesetze abgelehnt, ein Erfolg für Menschen für Tierrechte und viele weitere engagierte Tierschützer. Nach Ansicht des Zuchtverbands scheiterte die Bewerbung jedoch lediglich aufgrund der darin fehlenden Reflektion über eine angemessene Mensch-Tier-Beziehung. Auf die Fragen, die Menschen für Tierrechte den Taubenzüchtern bezüglich der Tierschutzverbesserungen stellte, erhielt der Tierrechtsverband keine konkreten Antworten. „Was der Zuchtverband hier als Tierschutzmaßnahmen verkaufen will, ist keinesfalls ausreichend, um die Missstände beim sogenannten Brieftaubensport zu beheben,“ kritisiert Dr. Claudia Gerlach, Biologin und Fachreferentin beim Bundesverband Menschen für Tierrechte.

Tierschutzrelevante Hauptkritikpunkte
Die Hauptkritikpunkte des Tierrechtsverbandes sind: Haltung in zu kleinen Schlägen, wenig Freiflüge, Ausselektion durch betäubungsloses Töten, Trennung der monogamen Tiere von Partner (häufig über die gesamte Flugsaison) oder Jungtieren, fehlender Zwang zur Rücknahme von verflogenen oder verletzten Tauben sowie Überforderung mit der Folge von hohen Verlusten. Auflassverbote gibt es nur bei hohen Temperaturen und gleichzeitigem Gegenwind, Vorgaben zur Windgeschwindigkeit fehlen. Daher forderte der Bundesverband Menschen für Tierrechte, tierschutzethische Normen zur Durchsetzung geltender Tierschutzgesetze einzuführen und ein Qualitätsmanagement zu etablieren.

Keine Aussagen zu den Missständen
„Die Antworten des Zuchtverbands lassen keine wirkliche Weiterentwicklung bei Tierschutz erkennen. Auf unsere Kritik gehen die Taubenzüchter in ihrer Antwort nur indirekt ein. Sie verweisen auf das jährlich aktualisierte Regelwerk, die Reiseordnung, einen Transport-Verordnungsentwurf, Leitlinien zur Haltung und ihre Satzung. Danach würden Verstöße gegen das Tierschutzgesetz geahndet, die Regelbefolgung kontrolliert und die Rückführung von Tieren garantiert. Uns sind jedoch zahlreiche Beispiele aus der Praxis bekannt, bei denen es leider ganz anders läuft,“ sagt Gerlach.

Sanktionen und Kontrollen fehlen
Die Taubenzüchter argumentieren zudem mit speziell geschulten Flugleitern und Auflassprotokollen sowie allmählicher Distanzsteigerung beim Training. Dies reicht nach Ansicht von Menschen für Tierrechte jedoch nicht aus, da Verstöße nicht sanktioniert werden und Trainingskontrollen fehlen. Auch ein Minimum an Freiflügen sei nicht festgelegt. Auf die Witwerschaftsmethode gehen die Züchter gar nicht ein und hinsichtlich der Verlustraten sei eine verlässliche Berechnung nicht möglich. Der Bundesverband Menschen für Tierrechte wird sich mit der Analyse der Antworten wiederum an das UNESCO-Expertenkomitee und die KMK wenden und sich für eine Ablehnung der Aufnahme des „Brieftaubenwesens“ in das Bundesinventar des Immateriellen Kulturerbes aussprechen. Ab Dezember 2020 wird die Entscheidung veröffentlicht.

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Pressestelle:
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Der Bundesverband Menschen für Tierrechte setzt sich seit seiner Gründung 1982 auf rechtlicher, politischer, wissenschaftlicher und gesellschaftlicher Ebene für die Anerkennung elementarer Tierrechte ein und kämpft gegen jeglichen Missbrauch von Tieren. Das langfristige Ziel ist eine grundsätzliche Veränderung des Mensch-Tier-Verhältnisses. Dem Dachverband mit Hauptsitz in Erkrath (früher Aachen) sind Vereine sowie private Fördermitglieder angeschlossen. Seine Stärke liegt im Zusammenwirken von Seriosität, Fachwissen und Lobbyarbeit auf höchster politischer Ebene. Dazu verfolgt der Verband einen Masterplan zum Ausstieg aus dem Tierversuch und eine Agrarwende von der tierischen zur pflanzlichen Eiweißproduktion, um das Ende der „Nutztier“-Haltung zu erreichen. Darüber hinaus ernennt der Verband beispielsweise das „Ersatzverfahren bzw. Replace des Jahres“ sowie das: „Versuchstier des Jahres“, betreibt die Wissenschaftsplattform InVitro+Jobs für eine konsequente Förderung der tierversuchsfreien Forschung und setzt sich mit dem Projekt SATIS für eine humane Ausbildung ein. Weitere Arbeitsschwerpunkte sind die Etablierung der Tierschutz-Verbandsklage, eine tierlose bio-vegane Landwirtschaft sowie die Aufnahme von Tierrechten in die Lehrpläne von Schulen. Der Verband gibt viermal im Jahr das Magazin tierrechte heraus. Neben einem Themenschwerpunkt informiert die Zeitschrift Journalisten, Wissenschaftler, Politiker, Behörden und Verbandsmitglieder über aktuelle Entwicklungen in der politischen Tierrechtsarbeit. Zudem erscheint zweimal monatlich der Tierrechte Newsletter. Der Bundesverband Menschen für Tierrechte ist seit seiner Gründung als gemeinnützig und besonders förderungswürdig anerkannt. Beiträge und Spenden sind steuerlich absetzbar.

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