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09. April 2019: Das Versuchstier des Jahres ist die „Parkinson-Maus“

Der Manipulationserfolg wird getestet, indem die kranken Mäuse auf einem rotierenden Rad laufen, eine Unter-Wasser-Plattform finden oder sich kopfunter an einem Gitter festhalten müssen. Foto: mrks_v-Fotolia

Anlässlich des Welt-Parkinson-Tages am 11. April 2019 stellt der Bundesverband Menschen für Tierrechte sein diesjähriges Versuchstier des Jahres vor: die Maus in der Parkinsonforschung. Mit der Ernennung will der Tierrechtsverband zum einen auf das versteckte Leid der Tiere aufmerksam machen. Zum anderen soll die Ernennung zeigen, dass der Einsatz einer Kombination aus tierversuchsfreien Verfahren auch für die leidenden Menschen wichtig wäre. Denn trotz unzähliger Mausmanipulationen gibt es bis heute keine effektive Therapie.

Parkinson: Trotz unzähliger Tierversuche nicht heilbar
Die Parkinson-Erkrankung (Schüttellähmung) gilt als zweithäufigste neurodegenerative Erkrankung nach Alzheimer. In Deutschland betrifft sie 250.000 bis 280.000 Menschen. Durch absterbende Nervenzellen, die den Botenstoff Dopamin produzieren, kommt es zu den typischen motorischen Problemen wie Muskelzittern, Verlangsamung der Bewegungen, Muskelsteifheit oder starre Mimik. Behandlungsgoldstandard ist noch immer Levodopa, ein Arzneimittel aus den 70er Jahren. Doch die derzeitige Behandlung lindert lediglich die Symptome. Die fieberhafte Suche nach neuen Behandlungsmethoden geht über die Qual und den Tod unzähliger Mäuse. Die Maus ist das am häufigsten im Tierversuch eingesetzte Tier. In der Parkinsonforschung wurden 2017 Versuche mit fast 66.000 Mäusen genehmigt. Dabei leidet die Maus natürlicherweise nicht an Parkinson: Um die Symptome der menschlichen Erkrankung zu entwickeln, werden die Tiere gentechnisch verändert oder mit einem Nervengift geschädigt.

Wissenschaftlich fragwürdige Tiermodelle
„Die unzähligen Mausmanipulationen haben bis heute zu keinen effektiven Therapien geführt. Kein Tiermodell kann die menschliche Parkinson-Krankheit tatsächlich simulieren. Über 50 klinische Studien am Menschen waren erfolglos, obwohl die Wirkstoffe zuvor beim Tier gewirkt hatten. Um tatsächlich den leidenden Menschen zu helfen, ist es überfällig, endlich auf humanspezifische Ansätze zu setzen, statt auf künstlich krankgemachte Mäuse“, fordert die Biologin Dr. Christiane Hohensee, Fachreferentin für tierversuchsfreie Verfahren beim Bundesverband. Dennoch werden nach Angaben des Verbandes weiterhin weltweit gentechnisch veränderte Parkinson-Tiermodelle entwickelt. Und dies, obwohl die Krankheitsursache bei 90 Prozent der Betroffenen gar nicht genetisch ist. Hinzu kommt, dass die Arzneimittel an jungen Tieren getestet werden, obwohl Parkinson überwiegend eine altersbedingte Erkrankung ist.

Zukunftsweisend: Systemkombination statt Tiermodell
Da Parkinson humanspezifisch, komplex und multifaktoriell ist, ist nach Information des Verbandes der Einsatz von neuen zellbasierten Modellen aus Patientengewebe für die Entwicklung geeigneter Therapien angezeigt. Vielversprechend sind kombinierte Ansätze mit Stammzellen, 3D-Patientenzellkulturen, computergestützten Analysen und bildgebenden Verfahren. Durch Screening-Untersuchungen an Zellkulturen im Hochdurchsatz werden bereits neue potenzielle Therapeutika identifiziert.

Konsequente Förderung für Zukunftstechnologien
Tierversuchsfreie Methoden für systemische Forschungsansätze sind jedoch noch in der Entwicklung. Organmodelle und Chiptechnologien sind zwar die Zukunftstechnologien, sie können momentan jedoch noch keinen gesamten Organismus simulieren. „Hier ist die Politik in der Bringschuld. Um die neuen Verfahren praxisreif entwickeln zu können, brauchen wir endlich einen konkreten Zeit- und Maßnahmenplan sowie ein umfassendes Finanzierungs-Konzept“, schließt Hohensee.

Hier finden Sie weitere Informationen zum Versuchstier des Jahres, u.a. unsere 21-seitige Broschüre: www.tierrechte.de

Kontakt:
Projektleiterin InVitro+Jobs: Dr. rer. nat. Christiane Hohensee
Tel.: +49 (0) 30-53026377, E-Mail: hohensee@invitrojobs.com

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Pressestelle:
Christina Ledermann
Tel.: 0211/16345429
Mobil: 0179/450 46 80
E-Mail: ledermann@tierrechte.de

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Menschen für Tierrechte – Bundesverband der Tierversuchsgegner e.V.
Neue Geschäftsstelle: Mühlenstr. 7a, 40699 Erkrath
Tel: 0211 / 22 08 56 48, Internet: www.tierrechte.de

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Der Bundesverband Menschen für Tierrechte setzt sich seit seiner Gründung 1982 auf rechtlicher, politischer, wissenschaftlicher und gesellschaftlicher Ebene für die Anerkennung elementarer Tierrechte ein und kämpft gegen jeglichen Missbrauch von Tieren. Das langfristige Ziel ist eine grundsätzliche Veränderung des Mensch-Tier-Verhältnisses. Dem Dachverband mit Hauptsitz in Erkrath (früher Aachen) sind über 60 Vereine sowie private Fördermitglieder angeschlossen. Seine Stärke liegt im Zusammenwirken von Seriosität, Fachwissen und Lobbyarbeit auf höchster politischer Ebene. Dazu verfolgt der Verband einen Masterplan zum Ausstieg aud dem Tierversuch und eine Agrarwende von der tierischen zur pflanzlichen Eiweißproduktion, um das Ende der „Nutztier“-Haltung zu erreichen. Darüber hinaus ernennt der Verband beispielsweise das „Ersatzverfahren bzw. Replace des Jahres“ sowie das: „Versuchstier des Jahres“, betreibt die Wissenschaftsplattform InVitro+Jobs für eine konsequente Förderung der tierversuchsfreien Forschung und setzt sich mit dem Projekt SATIS für eine humane Ausbildung ein. Weitere Arbeitsschwerpunkte sind die Etablierung der Tierschutz-Verbandsklage, eine tierlose bio-vegane Landwirtschaft sowie die Aufnahme von Tierrechten in die Lehrpläne von Schulen. Der Verband gibt viermal im Jahr das Magazin tierrechte heraus. Neben einem Themenschwerpunkt informiert die Zeitschrift Journalisten, Wissenschaftler, Politiker, Behörden und Verbandsmitglieder über aktuelle Entwicklungen in der politischen Tierrechtsarbeit. Zudem erscheint zweimal monatlich der Tierrechte Newsletter. Der Bundesverband Menschen für Tierrechte ist seit seiner Gründung als gemeinnützig und besonders förderungswürdig anerkannt. Beiträge und Spenden sind steuerlich absetzbar.