Studenten und Forscher der Universität Bonn dürfen nach dem Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 22.08.2018 an Mäusen keine Standard-Tierversuche mehr zu Ausbildungszwecken durchführen. Das Urteil könnte wegweisend auch für andere genehmigende Behörden sein.
Das Verwaltungsgericht hat eine Klage der Uni Bonn gegen die Untersagung der zu Ausbildungszwecken geplanten Tierversuche durch das Land Nordrhein-Westfalen abgewiesen (AZ: 21 K 11572/17). Tierversuche zu Aus-, Fort- und Weiterbildung sind nach §8a Tierschutzgesetz (TierSchG) anzeigepflichtig. In diesem Fall hatte die zuständige Behörde, das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV) Nordrhein-Westfalen, die Versuchsvorhaben verboten. Die Universität klagte daraufhin vor dem Verwaltungsgericht Köln.
Tierschutzkonforme Entscheidung
Bei den Tierversuchen im Rahmen eines Wahlpflichtkurses war vorgesehen, Mäuse nach Injektion u.a. von Psychopharmaka oder Alkohol speziellen Herausforderungen auszusetzen. Der Bundesverband Menschen für Tierrechte begrüßt die tierschutzkonforme Entscheidung der Genehmigungsbehörde, die Tierversuche zu untersagen.
Videos oder andere moderne Lehrmethoden
„Der Entschluss stellt eine korrekte Umsetzung geltenden deutschen und europäischen Rechts dar. Das TierSchG besagt in Paragraf 7 Absatz 2 Satz 1, dass Tierversuche auf das unerlässliche Maß zu beschränken sind. Auch die europäische Tierversuchsrichtlinie gibt vor, dass der Einsatz von Tieren auch zu Bildungszwecken nur dann erwogen werden sollte, wenn es keine tierversuchsfreie Alternative gibt“, erläutert Dr. Claudia Gerlach, Leiterin des Portals SATIS für die tierverbrauchsfreie Aus-, Fort- und Weiterbildung beim Bundesverband Menschen für Tierrechte. Tierversuche zur bloßen Wissensvermittlung ohne neuen Erkenntnisgewinn können stattdessen durch Videos oder andere moderne Lehrmethoden ersetzt werden.
Vorbild für andere Genehmigungsbehörden
Das Verwaltungsgericht begründete sein Urteil mit der „Entbehrlichkeit“ von sämtlichen „Standardversuchen“ beziehungsweise „gebräuchlichen Versuchen“. Es sei davon auszugehen, dass es bereits Filmaufnahmen gebe und so die Versuche von Studierenden nicht erneut durchgeführt werden müssen. Das Verwaltungsgericht Köln bestätigte damit die Rechtmäßigkeit der Untersagungsverfügung des Landes Nordrhein-Westfalen.
Human und fortschrittlich
Dieses Gerichtsurteil ist richtungsweisend für den Vollzug des TierSchG und bedeutet eine humanere und fortschrittlichere Handlungsweise. „Wir freuen uns, dass die genehmigende Behörde hier ihrer Verpflichtung nachgekommen ist, die Unerlässlichkeit von Tierversuchen zu prüfen“, lobt Dr. Claudia Gerlach. Die Entscheidungen sind ein Vorbild für andere Bundesländer, Tierversuche kritisch auf Entbehrlichkeit zu prüfen, was insbesondere bei Ausbildungszwecken gegeben ist, und diese dann auch konsequent zu verbieten.
Gegen das Urteil kann die Universität Bonn allerdings Antrag auf Zulassung der Berufung stellen, über den das OVG Münster entscheidet.
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Der Bundesverband Menschen für Tierrechte setzt sich seit seiner Gründung 1982 auf rechtlicher, politischer, wissenschaftlicher und gesellschaftlicher Ebene für die Anerkennung elementarer Tierrechte ein und kämpft gegen jeglichen Missbrauch von Tieren. Das langfristige Ziel ist eine grundsätzliche Veränderung des Mensch-Tier-Verhältnisses. Dem Dachverband mit Hauptsitz in Erkrath (früher Aachen) sind über 60 Vereine sowie private Fördermitglieder angeschlossen. Seine Stärke liegt im Zusammenwirken von Seriosität, Fachwissen und Lobbyarbeit auf höchster politischer Ebene. Dazu verfolgt der Verband einen Masterplan zum Ausstieg aud dem Tierversuch und eine Agrarwende von der tierischen zur pflanzlichen Eiweißproduktion, um das Ende der „Nutztier“-Haltung zu erreichen. Darüber hinaus ernennt der Verband beispielsweise das „Ersatzverfahren bzw. Replace des Jahres“ sowie das: „Versuchstier des Jahres“, betreibt die Wissenschaftsplattform InVitro+Jobs für eine konsequente Förderung der tierversuchsfreien Forschung und setzt sich mit dem Projekt SATIS für eine humane Ausbildung ein. Weitere Arbeitsschwerpunkte sind die Etablierung der Tierschutz-Verbandsklage, eine tierlose bio-vegane Landwirtschaft sowie die Aufnahme von Tierrechten in die Lehrpläne von Schulen. Der Verband gibt viermal im Jahr das Magazin tierrechte heraus. Neben einem Themenschwerpunkt informiert die Zeitschrift Journalisten, Wissenschaftler, Politiker, Behörden und Verbandsmitglieder über aktuelle Entwicklungen in der politischen Tierrechtsarbeit. Zudem erscheint zweimal monatlich der Tierrechte Newsletter. Der Bundesverband Menschen für Tierrechte ist seit seiner Gründung als gemeinnützig und besonders förderungswürdig anerkannt. Beiträge und Spenden sind steuerlich absetzbar.