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23. August 2018: Strafanzeige zur illegalen Versuchstierhaltung in Münster eingestellt: Menschen für Tierrechte fordern Konsequenzen

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Nach Informationen des Westdeutschen Rundfunks (WDR) hat die Staatsanwaltschaft Münster die Ermittlungen zur Strafanzeige des Veterinäramtes Münster zur illegalen Versuchstierhaltung im Gebäude der Hautklinik an der Westfälischen Wilhelms-Universität (WWU) eingestellt. Menschen für Tierrechte kritisiert, dass die rechtswidrige Haltung lediglich als Vergehen, nicht aber als Straftat eingestuft wurde. Zudem hätte dies schon bei der Prüfung des Tierversuchsantrags festgestellt werden müssen. Dies zeige, dass geltendes Tierschutzrecht nicht in vollem Umfang durchgesetzt werde.

Die illegale Tierhaltung von 77 transgenen Mäusen im Keller der Hautklinik an der WWU wurde im Sommer 2017 mit Hilfe eines Whistleblowers entdeckt. Sechs Tiere litten erheblich und mussten getötet werden. Die Tierhaltung diente der Durchführung von Tierversuchen. Die WWU gab an, dass die Tierversuche genehmigt gewesen seien.

Illegale Haltung hätte entdeckt werden müssen
Aus Sicht des Verbandes hätte diese illegale Haltung im Rahmen der behördlichen Genehmigungs- und Kontrollverfahren (1) frühzeitig entdeckt, beziehungsweise verhindert werden können. Tierschutzbeauftragter, Genehmigungsbehörde und Tierversuchskommission hätten demnach nicht bemerkt, dass die Angaben zu den Räumen der Tierhaltung und möglicherweise auch der Versuchsdurchführung hätten nachgeprüft werden müssen. Der Fall zeige einmal mehr, dass geltendes Tierschutzrecht von den Fachbehörden nicht in vollem Umfang durchgesetzt werde. Ein wesentlicher Grund sei die personelle Unterbesetzung dieser Behörden.

„Gesamtes System sanierungsbedürftig“
„Wurde im Tierversuchsantrag die Haltung der Mäuse in der Hautklinik angegeben, hätten Tierschutzbeauftragter und Behörde vorher einschreiten müssen. Enthielt der Antrag eine falsche Ortsangabe, so hätte das Veterinäramt Münster bei der Kontrolle die Falschangabe entdecken müssen. Unsere Kritik richtet sich also nicht ausschließlich gegen die Einstellung der Strafanzeige, das gesamte System ist sanierungsbedürftig“, so Christiane Baumgartl-Simons, stellvertretende Vorsitzende.

Weitere Maßnahmen erforderlich
Der Verband fordert, dass die Bezirksregierung Münster das Ordnungswidrigkeitsverfahren gegen die drei Mitarbeiter der WWU einleitet. Dies sei die einzige rechtliche Maßnahme, die nach Einstellung der Strafanzeige bliebe. Zusätzlich seien dringend weitere Maßnahmen erforderlich: Dies seien die personelle Aufstockung der Behörden, Schwerpunktstaatsanwaltschaften für Tierschutz sowie eine Sperre der beteiligten Wissenschaftler für die Durchführung von Tierversuchen. Positiv bewertet der Verband, dass die WWU im Oktober 2017 ein Leitbild zum ethischen Umgang mit Tieren in der wissenschaftlichen Forschung und Lehre veröffentlicht hat. Dies enthalte richtige Ansätze, die allerdings noch praxistauglich ausgestaltet werden müssten.

(1) Bereits im Genehmigungsantrag für einen Tierversuch sind Angaben zur Haltung zu machen, beispielsweise wie und wo die Tiere gehalten werden. Der Genehmigungsantrag wird von mehreren Gremien geprüft. Als erstes prüft der Tierschutzbeauftragte der Einrichtung (WWU) den Antrag. Er muss eine Stellungnahme zum Tierversuchsantrag abgeben und unter anderem bestätigen, dass die personellen und baulichen Voraussetzungen zur ordnungsgemäßen Durchführung der Versuche gegeben sind. Der Versuchsantrag geht anschließend zur Genehmigungsbehörde, in NRW ist dies das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV) in Recklinghausen, und wird von einer Tierversuchskommission (nach § 15 TierSchG) bewertet. Sobald das LANUV die Genehmigung erteilt hat, wird das zuständige Veterinäramt, in diesem Fall Münster, informiert und mit der Überwachung der Haltung der Versuchstiere und des laufenden Versuchs beauftragt. Es liegt der Schluss nahe, dass das zuständige Veterinäramt die Haltungsräume und den laufenden Versuch nicht kontrolliert hat.
Der Gesamtantrag für die Durchführung eines Tierversuchs kann  hier heruntergeladen werden: www.lanuv.nrw.de

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Pressestelle:
Christina Ledermann
Tel.: 0211/16345429
Mobil: 0179/450 46 80
E-Mail: ledermann@tierrechte.de

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Menschen für Tierrechte – Bundesverband der Tierversuchsgegner e.V.
Neue Geschäftsstelle: Mühlenstr. 7a, 40699 Erkrath
Tel: 0211 / 22 08 56 48, Internet: www.tierrechte.de

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Der Bundesverband Menschen für Tierrechte setzt sich seit seiner Gründung 1982 auf rechtlicher, politischer, wissenschaftlicher und gesellschaftlicher Ebene für die Anerkennung elementarer Tierrechte ein und kämpft gegen jeglichen Missbrauch von Tieren. Das langfristige Ziel ist eine grundsätzliche Veränderung des Mensch-Tier-Verhältnisses. Dem Dachverband mit Hauptsitz in Erkrath (früher Aachen) sind über 60 Vereine sowie private Fördermitglieder angeschlossen. Seine Stärke liegt im Zusammenwirken von Seriosität, Fachwissen und Lobbyarbeit auf höchster politischer Ebene. Dazu verfolgt der Verband einen Masterplan zum Ausstieg aud dem Tierversuch und eine Agrarwende von der tierischen zur pflanzlichen Eiweißproduktion, um das Ende der „Nutztier“-Haltung zu erreichen. Darüber hinaus ernennt der Verband beispielsweise das „Ersatzverfahren bzw. Replace des Jahres“ sowie das: „Versuchstier des Jahres“, betreibt die Wissenschaftsplattform InVitro+Jobs für eine konsequente Förderung der tierversuchsfreien Forschung und setzt sich mit dem Projekt SATIS für eine humane Ausbildung ein. Weitere Arbeitsschwerpunkte sind die Etablierung der Tierschutz-Verbandsklage, eine tierlose bio-vegane Landwirtschaft sowie die Aufnahme von Tierrechten in die Lehrpläne von Schulen. Der Verband gibt viermal im Jahr das Magazin tierrechte heraus. Neben einem Themenschwerpunkt informiert die Zeitschrift Journalisten, Wissenschaftler, Politiker, Behörden und Verbandsmitglieder über aktuelle Entwicklungen in der politischen Tierrechtsarbeit. Zudem erscheint zweimal monatlich der Tierrechte Newsletter. Der Bundesverband Menschen für Tierrechte ist seit seiner Gründung als gemeinnützig und besonders förderungswürdig anerkannt. Beiträge und Spenden sind steuerlich absetzbar.