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Tierversuche

Neues Botoxprodukt – neues Tierleid?

Neben der Faltenbeseitigung wird das hochpotente Nervengift Botulinumtoxin – kurz Botox – auch aus medizinischen Gründen u.a. zur Behandlung von Lidkrämpfen, Schiefhals, Migräne, starker Schweißbildung und anderen Beschwerden verwendet. Für die Chargenprüfung von kosmetischen Botulinumtoxin A-Produkten wurden bis vor kurzem noch standardmäßig Tierversuche durchgeführt. Die intensive Lobbyarbeit von Tierrechtsorganisationen hat in den letzten Jahren dazu beigetragen, dass für solche Chargenprüfungen ein tierleidfreies Verfahren genutzt werden darf. Es kann nun 80- 85 Prozent aller Tierversuche in den Sicherheitsprüfungen zur Vermarktung der gängigen Produkte ersetzen. Der Vorteil: Der deutsche Hersteller kann damit gleichzeitig auch die Chargen seiner medizinischen Botoxprodukte tierleidfrei testen.

Jedes Botoxprodukt muss gestestet werden
Nun arbeiten Forscher an einer Therapie mit Botox gegen neuropathische Schmerzen im Rücken, die durch eine chronische Reizung von Nervenfasern zustanden kommen. Sollte sich die Entwicklung dann als vielversprechend erweisen, ginge das massive Leid zahlreicher Mäuse von vorne los, denn jedes Botoxprodukt muss auf seine Sicherheit getestet werden bevor es in den Handel gelangt. Dafür wird aktuell noch der qualvolle LD50-Test durchgeführt, bei dem den Tieren das Gift in verschiedenen Konzentrationen in die Bauchhöhle gespritzt und getestet wird, bei welcher Konzentration die Hälfte der Tiere stirbt. Auch wenn es ein abgestuftes Testsystem mit Zellkulturen als Ersatz zum LD50-Test gibt, muss es zunächst in einem langwierigen Validierungsprozess seine Eignung und Zuverlässigkeit für jede neue Molekülkombination unter Beweis stellen.

Lähmung der Nervenzellen
Das neue Verfahren wurde gemeinsam von Wissenschaftlern des University College London der University of Sheffield und des Hospital for Sick Children, Toronto, entwickelt. Dabei wird das Botoxmolekül mit einem Leitmolekül chemisch verbunden und die Verbindung direkt ins Rückenmark gespritzt. Das Leitmolekül transportiert das Botulinumtoxin zur Zielnervenzelle. Die Lähmung der Nervenzellen hält wie bei anderen Botulinumtoxin-Präparaten eine Weile an und müsste nach gegebener Zeit wiederholt werden. Es ist bislang an Mäusen erprobt worden, klinische Studien am Menschen stehen noch aus (1).

Tests an Tieren trotz tierfreien Verfahren
Der Bundesverband Menschen für Tierrechte und zahlreiche internationale Tierrechtsorganisationen haben in vielen Jahren erfolgreich darauf hingewirkt, dass der Mäuseversuch zumindest in den Chargenprüfungen zur Vermarktung der kosmetischen Botox-Anwendungen der drei großen Hersteller Allergan, Merz und Ipsen (2) durch eine tierleidfreie Methode ersetzt wurde. Dabei ist das tierfreie Verfahren des deutschen Herstellers Merz sowohl für das kosmetische Bocouture als auch für das medizinische Xeomin in Europa behördlich zugelassen. Es bleiben aber immer noch zahlreiche Versuche für die Vermarktung im außereuropäischen Ausland, wo das Ersatzverfahren noch nicht anerkannt ist. Auch sehen die sogenannten Bulktests, die weiterhin im europäischen Arzneibuch vorgeschrieben sind, den qualvollen LD50-Test an Mäusen vor, ebenso gelegentliche Re-Validierungstests nach den Vorschriften der „Guten Herstellungspraxis“.

Bitte unterzeichnen: Online-Petition
Daher haben wir eine Unterschriftenkampagne ins Leben gerufen, um mit Ihnen gemeinsam die Wissenschaft sowie die kosmetische und pharmazeutische Industrie dazu aufzurufen, auch für die verbleibenden Untersuchungen tierleidfreie Tests zu entwickeln.
Bitte machen Sie mit. Damit das Leiden der Tiere ein Ende findet.
Hier geht es zur Unterschriftenaktion.

(1) https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/96659/Neuartige-Botox-Wirkstoffe-koennten-neuropathische-Schmerzen-lindern
(2) https://www.tierrechte.de/2018/06/22/22-juni-2018-botox-aktionswoche-neue-botox-tests-muessen-tierversuche-komplett-ersetzen/
(3) In sogenannten Bulktests an der Maus wird der in der entsprechenden Formulierung gelöste Wirkstoff zur Abfüllung bei der Herstellung des Fertigprodukts überprüft. Die Ersatzverfahren dürfen dagegen nur für die Chargenprüfung genutzt werden, um Stabilität und Konzentration in homöopathisch kleinen Dosen zu testen.