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25. Juli 2018: Tierversuchsfrei: In vitro- und in silico-Forscher ausgezeichnet

Der Bundesverband Menschen für Tierrechte begrüßt die Ernennung von Prof. Ellen Fritsche und PD Dr. Dr. Hamid Reza Noori als diesjährige Preisträger des Ursula M. Händel-Tierschutzforschungspreises (1). Ausgezeichnet wird zum einen ein Verfahren, das auf Basis humaner Stammzellen die Auswirkungen von Substanzen auf das Kind im Mutterleib untersucht. Dieses kann zukünftig Tierversuche mit unzähligen Ratten beenden. Das andere Verfahren nutzt Ansätze u.a. aus der Mathematik, um die Informationsverarbeitung im Rattengehirn aufzuklären. Der mit jeweils 50.000 Euro dotierte Preis wird zum siebten Mal verliehen. Um die tierversuchsfreie Forschung konsequent voranzubringen, fordert der Tierrechtsverband einen Masterplan zum Ausstieg aus dem Tierversuch nach Vorbild der Niederlande.

Umweltgifte an Nervenzellen testen
Prof. Fritsche vom Leibniz-Institut für umweltmedizinische Forschung an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf leitet das Centrum für Ersatzverfahren zum Tierversuch (CERST) in Düsseldorf (2). Sie entwickelt und untersucht mit Nervenzellen, gewonnen auf Basis von induzierten pluripotenten Stammzellen, die Auswirkungen von Substanzen auf das Kind im Mutterleib. Bisher wird dies an schwangeren Nagetieren getestet. Das Verfahren, das mit sogenannten Neurosphären, die aus verschiedenen Nervenzelltypen aus Nervenvorläuferzellen bestehen, arbeitet, kann zukünftig Tierversuche mit unzähligen Ratten beenden. Die Preisträgerschaft bestätigt die Bedeutung ihrer Forschung für die zukünftige Beurteilung der Entwicklungsneurotoxizität von Umweltchemikalien. Durch die Verwendung humaner induzierter pluripotenter Stammzellen sind die Ergebnisse aussagekräftiger als der Tierversuch, dessen Ergebnisse sich durch Speziesunterschiede nicht eindeutig auf die Humansituation übertragen lassen.

Datenanalyse hilft Tierversuche zu vermeiden
PD Dr. Dr. Hamid Reza Noori vom Max-Planck-Institut für biologische Kybernetik in Tübingen ist Mathematiker und Mediziner. Er nutzt neue Ansätze aus der Mathematik, Datamining und maschinellem Lernen, um die Vielzahl publizierter Daten aus neurobiologischen Forschungsprojekten der letzten Jahrzehnte an Ratten auszuwerten. Durch eine komplexe Analyse vorhandener Daten konnte er die biochemischen Schaltkreise für eine Informationsverarbeitung im Rattengehirn aufklären, so die DFG in ihrer Pressemitteilung zur diesjährigen Ernennung.

Ausstieg aus dem Tierversuch: Deutschland braucht einen Masterplan
„Wir begrüßen Tierschutzforschungspreise, weil sie eine wichtige gesellschaftspolitische Funktion haben. Sie sind als begleitende Maßnahme äußerst sinnvoll. Um den Ausstieg aus dem Tierversuch umfassend anzugehen, muss jedoch weitaus mehr passieren. Deutschland braucht dringend einen Masterplan zum Ausstieg aus dem Tierversuch, der die tierversuchsfreie Forschung explizit fördert. Die Niederländer haben bereits 2016 als erster EU-Mitgliedsstaat ein Konzept für den Abbau der Tierversuche präsentiert (3). Deutschland ist in der Pflicht, diesen Plan der Niederländer nach Kräften zu unterstützen“, fordert Christina Ledermann, stellvertretende Vorsitzende von Menschen für Tierrechte – Bundesverband der Tierversuchsgegner.

(1) Der 7. Ursula M. Händel-Tierschutzforschungspreis wird am 23. November im Rahmen der Eröffnung des neuen Forschungszentrums „Charité 3R – Replace, Reduce and Refine“ in der Hörsaalruine des Berliner Medizinhistorischen Museums der Charité verliehen. Der Tierschutzforschungspreis geht auf die Privatinitiative und das Kapital der Stifterin, der Düsseldorferin Ursula M. Händel (1915–2011) zurück, die sich über Jahrzehnte in vielfältiger Weise für den Tierschutz einsetzte. Er wird alle zwei Jahre durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) verliehen. Der Preis in Höhe von 50.000 Euro wird am 23. November in Berlin überreicht.

(2) Der Bundesverband Menschen für Tierrechte setzte sich seit 2007 für ein Zentrum zur Entwicklung von tierversuchsfreien Methoden in NRW ein. Unter der rot-grünen Landesregierung wurde CERST 2015 eröffnet und 2018 in ein landeseigenes Institut überführt, siehe unter: www.tierrechte.de

(3) Abbauplan der Niederlande unter: www.ncadierproevenbeleid.nl

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Pressestelle:
Christina Ledermann
Tel.: 0211/16345429
Mobil: 0179/450 46 80
E-Mail: ledermann@tierrechte.de

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Menschen für Tierrechte – Bundesverband der Tierversuchsgegner e.V.
Neue Geschäftsstelle: Mühlenstr. 7a, 40699 Erkrath
Tel: 0211 / 22 08 56 48, Internet: www.tierrechte.de

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Der Bundesverband Menschen für Tierrechte setzt sich seit seiner Gründung 1982 auf rechtlicher, politischer, wissenschaftlicher und gesellschaftlicher Ebene für die Anerkennung elementarer Tierrechte ein und kämpft gegen jeglichen Missbrauch von Tieren. Das langfristige Ziel ist eine grundsätzliche Veränderung des Mensch-Tier-Verhältnisses. Dem Dachverband mit Hauptsitz in Erkrath (früher Aachen) sind über 60 Vereine sowie private Fördermitglieder angeschlossen. Seine Stärke liegt im Zusammenwirken von Seriosität, Fachwissen und Lobbyarbeit auf höchster politischer Ebene. Dazu verfolgt der Verband einen Masterplan zum Ausstieg aud dem Tierversuch und eine Agrarwende von der tierischen zur pflanzlichen Eiweißproduktion, um das Ende der „Nutztier“-Haltung zu erreichen. Darüber hinaus ernennt der Verband beispielsweise das „Ersatzverfahren bzw. Replace des Jahres“ sowie das: „Versuchstier des Jahres“, betreibt die Wissenschaftsplattform InVitro+Jobs für eine konsequente Förderung der tierversuchsfreien Forschung und setzt sich mit dem Projekt SATIS für eine humane Ausbildung ein. Weitere Arbeitsschwerpunkte sind die Etablierung der Tierschutz-Verbandsklage, eine tierlose bio-vegane Landwirtschaft sowie die Aufnahme von Tierrechten in die Lehrpläne von Schulen. Der Verband gibt viermal im Jahr das Magazin tierrechte heraus. Neben einem Themenschwerpunkt informiert die Zeitschrift Journalisten, Wissenschaftler, Politiker, Behörden und Verbandsmitglieder über aktuelle Entwicklungen in der politischen Tierrechtsarbeit. Zudem erscheint zweimal monatlich der Tierrechte Newsletter. Der Bundesverband Menschen für Tierrechte ist seit seiner Gründung als gemeinnützig und besonders förderungswürdig anerkannt. Beiträge und Spenden sind steuerlich absetzbar.