Zoo/Zirkus

Zoo: Hinweise für einen Wandel im Bewusstsein

Foto: Colin Goldner

Obgleich seit der Jahrtausendwende mehr als 1,5 Milliarden Euro – überwiegend aus Steuergeldern – in die Publikumsattraktivität der deutschen Zoos investiert wurde, gehen die Besucherzahlen kontinuierlich zurück. Noch nicht einmal die vielerorts eingerichteten Amusementpark- oder Disneylandelemente konnten und können den Schwund des Besucherinteresses aufhalten. Ganz offenbar finden immer weniger Menschen Gefallen daran, eingesperrte Wildtiere zu besichtigen.

Dass Zoos Auslaufmodelle sind, die heute keine Existenzberechtigung mehr haben (sofern sie solche je hatten), hat als erstes Land der Erde das südamerikanische Costa Rica erkannt. 2014 verfügte das zuständige Umweltministerium, dass sämtliche Zoos des Landes, darunter der traditionsreiche Simon-Bolivar-Zoo von San Jose, geschlossen bzw. in botanische Gärten ohne Tierhaltung umgewandelt werden müssen; die in den Zoos gehaltenen Tiere sollten nach Möglichkeit ausgewildert, die nicht auswilderbaren in geschützten Reservaten untergebracht werden. Wenig später kündigte die Stadtverwaltung von Buenos Aires an, den seit über 100 Jahren bestehenden kommunalen Zoo sukzessive auflösen zu wollen.

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Widerauswilderung, wenn möglich
Die vorgehaltenen rund 2.500 Tiere sollen nach dem Modell Costa Ricas ausgewildert bzw. in entsprechend einzurichtende Reservate umgesiedelt werden. Die nicht auswilder- oder umsetzbaren Tiere sollen unter verbesserten Bedingungen auf dem Zoogelände verbleiben dürfen, würden aber nicht mehr zur Schau gestellt. Übergangsweise könne die bestehende Infrastruktur des Zoos genutzt werden, um bedrohten heimischen Tierarten als Refugium und zur Vorbereitung auf (Wieder-)Auswilderung zu dienen. Ansonsten soll das knapp 18 Hektar umfassende Areal des Zoos in einen Ökopark umgewandelt werden. Anfang Mai 2017 verlautbarte das Kultusministerium von El Salvador, dass der Nationalzoo des Landes zugunsten eines Wildparks aufgelöst werde: das „traditionelle Zoo-Konzept“, so das Ministerium, sei „nicht mehr zeitgemäß“.

Nimmt zu: Kritik an den Zuständen in Zoos
Ähnliche Entwicklungen gibt es auch in Europa: Anfang 2016 wies das griechische Kultusministerium die Lehrer des Landes an, künftig keine Zoobesuche mit Schulklassen mehr durchzuführen: Es seien solche Besuche mit den Prinzipien einer Pädagogik, die sich um die „Schaffung von Bewusstsein hinsichtlich des Schutzes der natürlichen Umwelt und des Respekts für sie“ bemüht, nicht zu vereinbaren. Und selbst hierzulande tut sich etwas: die Zoos von Bad Pyrmont und Delbrück etwa mussten im Jahre 2015 die Haltung Großer Menschenaffen auf Dauer einstellen; die Kritik an den untragbaren Zuständen in diesen Zoos war zu massiv geworden. Die bis zuletzt vorgehaltenen Schimpansen konnten in ein Primatenrefugium nach Südengland verbracht werden. Auch zuvor schon waren Haltungsverbote für bestimmte Tierarten erstritten worden: so wurde etwa dem Tiergarten Straubing die Haltung von Eisbären und Leoparden untersagt, die unter indiskutablen Bedingungen untergebracht gewesen waren. Um einem drohenden Haltungsverbot zuvorzukommen, gab der Zoo Münster „freiwillig“ seine Schimpansengruppe ab, kurze Zeit später tat der Zoo Heidelberg das gleiche mit seinen Orang Utans. Auch Schließungen ganzer Zoos waren zu verzeichnen gewesen: so wurde etwa der seit vierzig Jahren bestehende Tierpark Kalletal bei Vlotho durch die zuständigen Behörden aufgelöst; desgleichen der Tierpark Lübeck, der immerhin sechzig Jahre Bestand gehabt hatte.

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Immer weniger Delfinarien
Auch andere Zoos wie etwa der Heimattiergarten Fulda oder der Jura-Zoo in Neumarkt (i.d.Opf.) gerieten in jüngerer Zeit in heftige öffentliche Kritik, nicht nur der katastrophalen Verhältnisse ihrer Tierhaltung wegen, sondern auch und insbesondere aufgrund der jahrelangen Untätigkeit der zuständigen Veterinärämter, die nichts oder nichts Ausreichendes dagegen unternommen hatten: die Zoos mussten letztlich einen Teil ihrer Tiere abgeben und ihre Anlagen von Grund auf sanieren und umgestalten. Als besonders erfreulich ist die Entwicklung bei den Delfinarien und Delfinshows zu werten: von ehedem sechzehn im deutschsprachigen Raum betriebenen Anlagen existieren gegenwärtig nur noch die in den Zoos von Duisburg und Nürnberg. Insgesamt stehen die Zoos heute unter weitaus kritischerer Beobachtung, als dies noch vor zehn oder fünfzehn Jahren der Fall war.

(Ergänzung zum dem Interview „Zoos sind und bleiben Gefängnisse!“ mit dem Wissenschaftsjournalist Colin Goldner)