Tierschutz-Verbandsklage

Vertiefende Fragen zur Verbandsklage

Foto: Alfred J. Hahnenkamp/pixelio.de

Welche Vereine können das Klagerecht bekommen?

Die bisherigen Gesetzentwürfe sehen vor, dass anerkannte Vereine das Klagerecht von dem für Tierschutz zuständigen Landesministerium erhalten. Die Anerkennung wird dem Verein auf dessen Antrag erteilt, sofern er die im Gesetz formulierten Kriterien erfüllt. Hierzu gehören insbesondere: seine Tierschutztätigkeit muss sich mindestens auf das Gebiet des Landes erstrecken, er muss seit fünf Jahren existieren und eine sachgerechte Aufgabenerfüllung gewährleisten. Hierbei sind Art und Umfang seiner bisherigen Tätigkeit, der Mitgliederkreis und die Leistungsfähigkeit des Vereins zu berücksichtigen. Er muss gemeinnützig und von der Körperschaftssteuer befreit sein.

Mit dem Recht für klageberechtigte Vereine gehen umfassende Pflichten einher, was heißt das?

Alle Gesetzentwürfe sehen vor, dass der anerkannte Verein zuerst der zuständigen Behörde mitteilt, in welche Genehmigungsverfahren (z. B. zur Durchführung von Tierversuchen) oder Erlaubniserteilungen (z. B. zum Zur-Schau-Stellung von Tieren) er eingebunden werden will. Daraufhin erhält er von der Behörde die relevanten Vorgänge und hat vier Wochen Zeit, um gegenüber der Behörde Stellung zu nehmen. Diese Vorarbeit ist arbeitsintensiv aber sinnvoll. Sie dient dazu, dass die Behörde die Kenntnisse des Vereins in dem laufenden Vorgang bereits berücksichtigt. Trifft die Behörde Anordnungen zur Beseitigung oder Verhütung von Verstößen gegen das Tierschutzgesetz (z. B. bei der Haltung von Tieren in Zirkussen oder in Privathand) erfährt der Verein nur durch Eigeninitiative, durch Informationen aus der Bevölkerung und durch Nutzung des Informationsfreiheitsgesetzes von diesen Vorgängen. Denn hier sind die Behörden nicht zur Information des anerkannten Vereins verpflichtet.

Bringen die Mitwirkungspflichten mit sich, dass nur personell gut ausgestattete, fachkompetente und finanzkräftige Verbände sich anerkennen lassen können?

Ja, das ist so. Kleine Vereine können natürlich über ein hohes Fachwissen verfügen. Sie haben aber oft nicht die personellen und finanziellen Voraussetzungen, um die Mitwirkungsrechte zu bewältigen. Sie dürften auch nicht über die Gelder verfügen, um beim negativen Ausgang der Klage die Gerichtskosten zu zahlen (hier werden schnell 5.000 bis 20.000 Euro und darüber erreicht).

Wie können kleinere Vereine oder Privatpersonen, die keine Anerkennung haben, gegen Missstände vorgehen?

Sie können sich an einen klagebefugten Verein wenden und mit ihm kooperieren. Beispielsweise kann eine Privatperson, die von einem Tierschutzfall erfährt, sich an den örtlichen Tierschutzverein wenden. Dieser kontaktiert eine klagebefugte Organisation, die ihre Mitwirkungsrechte (bei Genehmigungen und Erlaubnissen) oder Informationsrechte (bei tierschutzrechtlichen Anordnungen) nutzt und in letzter Konsequenz die Klage verfolgt.

Könnten statt der Verbände nicht sogenannte Tierschutzbeauftragte den Schutz der Tiere sicherstellen?

Ja, das wäre denkbar, falls es vollberuflich tätige Tierschutzbeauftragte in den Bundesländern und auf Bundesebene geben würde. Sie müssten selbstverständlich mit Mitwirkungs- und Klagerecht im Tierschutz ausgestattet sein und über einen vollberuflich tätigen Mitarbeiterstab verfügen. Dies wäre für Bund und Länder eine aufwändige, teure Lösung im Vergleich zur Anerkennung von Tierschutzorganisationen. Bisher gibt es nur in Baden-Württemberg, Berlin und Hessen Tierschutzbeauftragten, alle ohne Mitwirkungs- und Klagerechte.

Unter welchen Voraussetzungen kann überhaupt geklagt werden?

Geklagt werden kann nur, wenn der anerkannte Verein sich gegenüber der Behörde im Rahmen seiner Mitwirkungsrechte innerhalb von vier Wochen geäußert hat, und die Behörde in dem Genehmigungsverfahren oder bei der Erlaubniserteilung den Anregungen des Vereins nicht gefolgt ist. Sollte eine Behörde dem Verein keine Möglichkeit zur Mitwirkung und Äußerung gegeben haben, so kann der Verein innerhalb eines Jahres, nachdem er von der Entscheidung erfahren hat, klagen.
Bei Anordnungen der Behörde (z. B. zur Tierhaltung) ist der anerkannte Verein nicht zur Mitwirkung verpflichtet, weil es sich hierbei um sehr viele Vorgänge handelt (s.o. Frage 1). Trotzdem wird der Verein nach Kenntnis der Daten und Fakten des Vorgangs nicht ohne vorherige Kontaktaufnahme mit der Behörde klagen, allein schon um die Erfolgsaussichten der Klage auszuloten.

 

Die Tierschutz-Verbandsklage auf Bundesebene ist das Königsmittel und würde sie auf Länderebene erübrigen. Sie bindet anerkannte Tierschutzorganisationen auch in Tierschutzvorgänge ein, die auf Bundesebene angesiedelt sind (z. B. Tierversuche der Bundeswehr) und schafft in den 16 Bundesländern ein einheitliches Rechtsniveau. Da bisher keine politischen Mehrheiten für die Bundesebene existieren, ist es angezeigt, dass zunächst immer mehr Bundesländer die Tierschutz-Verbandsklage etablieren. Dieses Modell war wiederholt erfolgreich: bei Verankerung des Tierschutzes im Grundgesetz sowie bei der Verbandsklage im Natur- und Umweltschutz.