Was CDU/CSU und SPD für den Tierschutz anbieten ist dreist. Dies auch noch als Aufbruch für Europa, Dynamik für Deutschland und neuen Zusammenhalt zu verkaufen ist unverschämt. Denn, aufgetischt wird Unerledigtes aus zurückliegenden Legislaturen. An der Tierausnutzung soll sich nur kosmetisch etwas ändern.
Die rückwärtsgerichtete Politik der drei letzten Bundesregierungen stößt bei Menschen, die sich für Schutz und Rechte der Tiere einsetzen, auf Widerwillen. Aber nicht nur in diesen Kreisen regt sich Unmut. Der reaktive, visionslose Inhalt des neuen Koalitionsvertrags kombiniert mit dem Gezerre um Personalfragen hat erfreulicherweise jetzt auch die Zivilgesellschaft erreicht. Im Deutschlandtrend (15.02.2018) sagen 72 Prozent der Befragten, dass sie neue politische Ansätze vermissen (1). Doch zurück zum Tierschutz.
Alte Tierschutzvorhaben im neuen Gewand
Der Tötungsstopp für 40 Millionen männlicher Küken pro Jahr und die Einführung eines Tierwohllabels – Überbleibsel der letzten Legislatur – sollen erneut angepackt werden. Ebenso die Entwicklung von Alternativen zur Ferkelkastration. Wieso Entwicklung? Alternativen zum betäubungslosen Hodenabschneiden gibt es doch, ihre Anwendung muss nur durchgesetzt werden. Das Prüf- und Zulassungsverfahrens für Tierhaltungssysteme, ein Ladenhüter, der schon 2005 von Horst Seehofer versprochen wurde, soll nun endlich eingeführt werden. Auf der Großbaustelle „Ausstieg aus dem Tierversuch“ hat die letzte GroKo nicht zielführend angepackt. Trotzdem soll es im alten Trott weitergehen, denn, so der Koalitionsvertrag, „die intensiven Bemühungen zur Erforschung und Anwendung von Ersatzmethoden für Tierversuche…“ der letzten Jahre sollen fortgeführt werden.
Ursache und Wirkung vertauscht
Stalleinbrüche sollen als Straftatbestand geahndet werden, sagt die neue GroKo. Hallo? Ist da was nicht angekommen? Die Einbrüche geschehen, um die katastrophalen Tierhaltungsbedingungen zu filmen und so zu dokumentieren, sagen Verwaltungsrichter (2). Sie sagen weiter, es sei richtig, dass couragierte Menschen handeln, wenn der Staat versagt, denn Tiere brauchen unseren Schutz. Die Chancen, dass das Oberlandesgericht Naumburg am 22. Februar in der Revisionsverhandlung auch zu diesem Schluss kommt sind groß.
Masterpläne für den Ausstieg aus der Tiernutzung
Der Tierschutz braucht Gestaltungwillen und den Blick nach vorne. Weniger Tierleid in Labor und Maststall reicht da nicht. Es müssen Masterpläne her, kombiniert mit einem Durchsetzungsmanagement für den Abbau der Tiere als Experimentiermodelle und Lebensmittellieferanten. Nur eine Gesamtplanung, die verstanden hat, dass die Tierausbeutung rückwärtsgerichtet ist, wird die Zukunft erfolgreich planen. Eine richtige Perspektive eröffnet ja die Pflanzeneiweißstrategie (3) der letzten GroKo. Diese Blickrichtung müsste im großen Stil auf die gesamte Tierhaltung übertragen werden. Das aber will in die altgedienten Politikerköpfe nicht hinein.
Aus Chaos Zukunft gestalten
Egal ob GroKo, Minderheitenregierung oder Neuwahlen, die nächste Bundesregierung kommt am Abbau der Tiernutzung nicht vorbei. Für eine zukunftsweisende Agenda braucht es auf jeden Fall frische Denkansätze und unverbrauchte Politiker mit Gestaltungswillen. Insofern bietet das aktuelle Politchaos, das seinen Höhepunkt vielleicht noch nicht erreicht hat, die Chance auf frische Ziele, die den Namen Aufbruch, Dynamik und Zusammenhalt tatsächlich verdienen. Das Ende der Tiernutzung gehört in jedem Fall dazu. Jetzt sind wir erstmal gespannt auf die Aufbruchstimmung der SPD-Basis. Das Ergebnis der Mitgliederbefragung GoKo ja oder nein wird am 4. März verkündet.
(1) https://www.tagesschau.de/inland/deutschlandtrend-1123.html
(2) LG. Magdeburg 11.10.2017 – 28 Ns 182 Js 32201/14 (74/17)
AG Haldensleben, 26.09.2016 – 3 Cs 224/15 (182 Js 32201/14)
(3) Eiweißpflanzenstrategie https://www.bmel.de/DE/Landwirtschaft/Pflanzenbau/Ackerbau/_Texte/Eiweisspflanzenstrategie.html