Online-Broschüre „Antikörperproduktion: Phagen-Display statt Tiere“ (kostenloser Download)
Beschreibung
Mit dieser Broschüre präsentieren wir die dritte Ausgabe unserer Reihe „Ersatzverfahren des Jahres“. Diesmal konzentriert sich der Bundesverband auf ein vielversprechendes Verfahren für die tierfreie Antikörper-Produktion vor, das sogenannte Phagen-Display. Dieses Verfahren ist effektiv, zuverlässig und erspart hunderttausenden von Tieren Leid und Tod. Der Tierrechtsverband fordert, dass die Anwendung des tierfreien Verfahrens in allen Bereichen verpflichtend sein muss, wo dies möglich ist.
Antikörper werden in der Diagnostik und Therapie immer wichtiger. In der sogenannten individualisierten Medizin, die Therapien speziell an den Patienten anpasst, gelten sie als große Hoffnungsträger. Das Problem: Antikörper werden sehr häufig noch immer in leidvollen Verfahren mit Tieren erzeugt. Dabei können sie oft auch durch tierfreie Verfahren, wie dem Phagen-Display, hergestellt werden.
Schmerzhafte Antikörperproduktion im Tier
Damit sich Antikörper in den Tieren bilden, werden ihnen bestimmte Fremdkörper und Wirkverstärker (Adjuvatien) gespritzt, die eine Immunantwort im Körper der Tiere provozieren. Diese Wirkverstärker können für die Tiere sehr schmerzhaft sein und zu Bauchfellentzündungen oder tödlichen Embolien führen. Nach der Behandlung werden die Tiere getötet, um aus ihrer Milz die Antikörper-produzierenden Zellen zu isolieren. Diese werden häufig noch mit entarteten Plasmazellen fusioniert, um diese Antikörperzellen dauerhaft vermehren zu können. Dieses Zellgemisch wird dann Mäusen eingepflanzt, um wiederum eine Bauchwassersucht in ihnen auszulösen. Das ist ein leidvolles Verfahren, das mit dem Tod der Tiere endet. Aus diesen sogenannten „Aszites-Mäusen“ werden letztlich die Antikörper gewonnen.
Leidvoll und unzuverlässig
In den Jahren 2015 bis 2018 wurden in der EU 176.232 Tiere für die Herstellung hochspezifischer monoklonaler Antikörper nach der Maus-Aszites-Methode eingesetzt. Die zuständige EU-Behörde verzeichnete in diesem Zeitraum einen Anstieg um 22 Prozent. Allein in Deutschland wurden zwischen 2015 und 2020 mehr als 7.000 Tiere im Aszites-Verfahren verbraucht – hauptsächlich Mäuse, aber auch Ratten und Kaninchen. Dabei wird diese Prozedur seit Jahrzehnten kritisiert. 2020 hat die Europäische Validierungsbehörde EURL ECVAM nachgewiesen, dass Tiere als Antikörperproduktionsstätten eher schaden als nutzen. Der Grund: Viele im Tier gewonnene monoklonale Antikörper reagieren ungewollt mit anderen Molekülen, machen sie unzuverlässig und verschwenden Ressourcen in der Forschung – mit gewaltigen Auswirkungen auf Diagnose und Gesundheitsmanagement. (1)
Tierversuchsfrei und leistungsfähig: das Phagen-Display
Dabei wäre all dies vermeidbar: Schon seit Ende der 80er Jahren empfehlen Forscher:innen, den hochbelastenden Aszites-Produktionsschritt zu verbieten und stattdessen tierfreie Verfahren anzuwenden. 2018 erhielten Sir Gregory Winter und George Smith den Nobelpreis für Chemie für ihre Entwicklung des sogenannten Phagen-Displays. Bei diesem Verfahren werden beispielsweise Antikörperfragmente, Proteinteile oder komplette Proteine auf der Oberfläche von sogenannten Bakteriophagen aufgebracht. Bakteriophagen sind Viren, die sich gegen Bakterien richten. Mithilfe dieses Verfahrens lassen sich große Phagen-Display-Bibliotheken erstellen, die Milliarden unterschiedlicher Moleküle präsentieren und damit geeignete Bindepartner identifizieren und isolieren können. Nicht umsonst ist der jüngste Durchbruch bei den Antikörpermedikamenten größtenteils auf den Beitrag der Phagen-Display-Technologie zurückzuführen. Eine wichtige Rolle spielt sie mittlerweile in der Krebsimmuntherapie. Kürzlich gelang so auch die Entwicklung eines therapeutischen Antikörpers gegen COVID-19.
EU empfiehlt tierfreie Verfahren
Dies hat auch die EU erkannt: Im Mai 2020 gab das EU-Referenzlaboratorium des Joint Research Centers für Alternativen zu Tierversuchen (EURL ECVAM) eine Empfehlung heraus, nach der Endnutzer und andere Interessengruppen die wissenschaftliche Validität von tierfrei gewonnenen Antikörpern anerkennen und keine Tiere mehr für die Entwicklung und Herstellung von Antikörpern verwenden sollen. Auch wenn die European Animal Research Association (EARA) und die European Federation of Pharmaceutical Industries and Associations (EFPIA) die Abschaffung aller an Tieren gewonnenen Antikörpern für verfrüht halten, unterstützten sie Investitionen in die Erweiterung eines tierfreien Angebots.
Tierfreie Lösung sollte verpflichtend sein
„Viele Gründe sprechen für den Einsatz der Phagen-Display-Technologie. Um zu erreichen, dass das effektive und tierleidfreie Verfahren von allen Beteiligten konsequent angewendet und weiterentwickelt wird, sollte die Anwendung, zumindest in den bereits möglichen Bereichen, verpflichtend sein“, fordert Dr. Christiane Hohensee, Leiterin der Wissenschaftsplattform InVitro+Jobs. Der Bundesverband setzt sich dafür ein, dass die Phagen-Display-Technologie bekannt gemacht und breiter angewendet wird, um das Tierleid zu vermeiden und zu beenden.
Hier können Sie sich eine ausführliche Broschüre zum Ersatzverfahren des Jahres als PDF herunterladen: www.tierrechte.de