Allgemein Tierversuche

03. April 2025: Gemeinsame Forderung: Tierversuche auf die Koalitionsagenda!

Menschen für Tierrechte hat sich heute gemeinsam mit anderen Tierschutzorganisationen an den CDU-Vorsitzenden Friedrich Merz, den SPD-Vorsitzenden Lars Klingbeil sowie alle Teilnehmenden der Hauptverhandlungsgruppe gewandt und sie aufgefordert, die Reduktion von Tierversuchen als Ziel im Koalitionsvertrag zu verankern. Eine solche Zielbestimmung ist nicht nur aus tierschutzethischen und rechtlichen Gründen überfällig, sondern auch für eine moderne und zukunftsfähige Entwicklung des Forschungs- und Wirtschaftsstandorts Deutschland unabdingbar.

Hohe Tierversuchszahlen widersprechen Grundgesetz und EU-Recht
Im Jahr 2023 starben über 3,5 Millionen Wirbeltiere im Zusammenhang mit Tierversuchen (1). Erschwerend kommt hinzu, dass durch eine nicht rechtskonforme Umsetzung EU-Tierversuchsrechtes in Deutschland noch immer unnötiges Tierleid erzeugt (2). Dies steht im Widerspruch zum Staatsziel Tierschutz und zu EU-Tierversuchsrichtlinie. In dieser hatten die EU-Mitgliedstaaten im Jahr 2010 vereinbart, Verfahren mit lebenden Tieren für wissenschaftliche Zwecke und Bildungszwecke vollständig zu ersetzen, sobald dies wissenschaftlich möglich ist (3).

Zukünftige Bundesregierung in der Pflicht
Derzeit arbeitet die EU-Kommission an einer Roadmap zum Ausstieg aus Tierversuchen in der Chemikalientestung. Auch die scheidende Bundesregierung hatte eine Reduktionsstrategie von Tierversuchen im Koalitionsvertrag angekündigt. Der Entwurf erarbeitet von Vertreter:innen aus Wissenschaft, Industrie, Verbänden sowie NGOs befindet sich derzeit in der Abstimmung.
Allerdings besteht keinerlei Gewähr, dass dieser erste zaghafte Schritt einer Strategie nach dem Regierungswechsel fortgeführt wird. Dies wäre für alle Seiten von erheblichem Nachteil. Die Tierschutzorganisationen machten die Teilnehmenden der Hauptverhandlungsgruppe darauf aufmerksam, dass die zukünftige Bundesregierung eine gesetzgeberische Verpflichtung hat, Tierversuche zu reduzieren.

Industrie braucht tierfreie Verfahren
Tierversuche zu reduzieren und tierversuchsfreie Verfahren zu fördern sind aber nicht nur Fragen des ethischen Tierschutzes. Derartige Ziele sind für den wissenschaftlichen und wirtschaftlichen Fortschritt in Deutschland absolut notwendig. Die internationale Forschung und Entwicklung benötigt mehr denn je tierversuchsfreie Verfahren, sogenannte NAMs (New Approach Methodologies), da diese Methoden häufig schnellere, bessere und zielgerichtete Ergebnisse liefern und mittel- bis langfristig kostengünstiger sind. Vor allem die Industrie setzt zunehmend auf Zellkulturen, Organoide, Deep Learning Systeme/KI und ähnliche Verfahren, um ihre Produkte erfolgreich und gewinnbringend auf den Märkten zu platzieren. Damit Deutschland den Anschluss an diese wichtigen Technologien nicht verpasst, müssen entsprechende Rahmenbedingungen von Seiten des Gesetzgebers geschaffen werden.

Reduktion von Tierversuchen auf die Koalitionsagenda
Menschen für Tierrechte fordert deshalb, das Thema Reduktionsstrategie von Tierversuchen auf Ihre Koalitionsagenda zu setzen und die bereits in Angriff genommene Initiative konsequent umzusetzen. Dies würde auch die Möglichkeit bieten, die bestehenden rechtlichen Defizite im nationalen Tierversuchsrecht endlich zu korrigieren.


(1) Nach den Zahlen des Bf3R wurden 1,43 Mio. Wirbeltiere und Kopffüßer erstmalig in Deutschlands Tierversuchslaboren eingesetzt. Dazu kamen 30.814 Tiere, die wiederholt in Tierversuchen eingesetzt wurden. 671.958 Tiere wurden getötet, um ihnen Organe oder Gewebe zu entnehmen und 1,37 Mio. wurden Tiere als Überschüsse getötet, ohne dass sie in einem Tierversuch zum Einsatz kamen.
(2) Aus Sicht der Tierschutzverbände sind neben der Erarbeitung einer umfassenden Reduktionsstrategie auch flankierende rechtliche Korrekturen überfällig, um die eklatanten gesetzlichen Defizite in diesem Bereich zu beheben und die Mindestanforderungen der EU-Tierversuchsrichtlinie vollständig und korrekt in Deutschland umzusetzen. Die aktuelle nationale Rechtslage erlaubt noch immer schwerbelastende Tierversuche und Ver-suche an Menschenaffen – obwohl das EU-Recht hier für die Mitgliedsländer einen Ausstieg ermöglicht – und schwächt den Einfluss der Genehmigungsbehörden. Diese Mängel wurden bei der letzten Änderung des Tier-schutzgesetzes und der dazugehörigen Verordnung im Jahr 2022 nicht korrigiert.
(3) Erwägungsgründe 10, 46, Artikel 47 Absatz 1 der EU-Tierversuchsrichtlinie