Bildung und Tierrechte

Tierrechte: Ein elementarer Bildungs- und Erziehungsauftrag

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Das Mensch-Tier-Verhältnis wandelt sich. Während früher die (Aus) Nutzung der Tiere nicht in Frage gestellt wurde, wird mittlerweile die Anerkennung grundlegender Tierrechte diskutiert. Doch während dieses hochaktuelle Thema auf gesellschaftlicher Ebene intensiv diskutiert wird, fristet es an deutschen Schulen und Universitäten noch immer ein Schattendasein.

Und es kommt noch schlimmer: Lobbygruppen, die vom Tierleid profitieren, wie Fleischindustrie, Jagdverbände, Zoos und tierexperimentelle Forschung, nutzen diese Lücke und nehmen massiv Einfluss auf Kinder und Jugendliche – eine „bildungspolitische Katastrophe“, wie es die Kölner Gymnasiallehrerin Regina Kowalzick ausdrückt.

Wenn wir an den Missständen und Auswirkungen unseres tierquälerischen Systems auf Dauer etwas ändern wollen, müssen Tierrechte und Tierschutz zum festen Bestandteil von Lehrplänen und Prüfungsordnungen werden. Tierschutzerziehung ist ein gesamtgesellschaftlicher Bildungs- und Erziehungsauftrag. Sie darf keine Utopie bleiben.

Lehrpläne: Tiere werden dem Begriff „Natur“ untergeordnet
Ob die Themen Tierschutz und Tierrechte überhaupt im Unterricht behandelt werden, bleibt bisher allein den Lehrern überlassen. Engagierte Pädagogen greifen sie auf, die meisten meiden sie. Dies liegt vor allem daran, dass die Schulgesetze der Bundesländer in puncto Tierschutz mehr als lückenhaft sind. Tiere werden, wenn sie denn überhaupt erwähnt sind, meist dem Begriff „Natur“ untergeordnet. So bleibt es der Auslegung der Fachlehrer überlassen, ob man die Tiere zwischen den Zeilen findet. Bei den Lehrplänen ist es ähnlich. Der Tierschutz wird hier in erster Linie unter den Begriffen „Naturschutz“, „Artenschutz“ und „Zoologie“ geführt. Dabei haben diese Themen einen starken Bezug zum Alltag, dem eigenen Verhalten und Konsum.

Tierschutzunterricht fördert die emotionale Entwicklung
Doch die eklatanten Missstände der Tiernutzung werden von Kindern und Jugendlichen, aber auch von Erwachsenen, häufig verdrängt. Dieser Verdrängungsreaktion kann Tierschutzunterricht entgegenwirken und so auch einen wesentlichen Beitrag zur sozialen und emotionalen Entwicklung leisten. Denn es geht im Kern um die ethische Frage: Wie gehe ich mit Schwächeren oder mit Andersartigen um? Dies ist entscheidend für die Ausprägung von Mitgefühl, Verantwortungsbewusstsein und Fürsorglichkeit gegenüber Tieren und Menschen. Damit leistet Tierschutzerziehung auch einen wichtigen Beitrag zur Gewaltprävention.

Lobbyisten drängen an die Schulen
Während Tierschutz und Tierrechte – wenn überhaupt – nur am Rande thematisiert werden, nehmen Lobbygruppen der Fleischindustrie und Jagdverbände sowie die Zoos seit Jahren Einfluss auf Schüler und Lehrer. Unter dem Deckmantel von Bildung und Aufklärung wird über Veranstaltungen, Lehrerfortbildungen und Unterrichtsmaterialien ein interessengeleitetes Tierbild vermittelt. In Broschüren wie „Das Schwein – Woher kommt unser Schnitzel?“ wird die industrielle Tierhaltung als tierfreundlich verkauft, kritisches Hinterfragen ist nicht erwünscht. So werden bereits die Kleinsten zu willigen Konsumenten erzogen. Auch die Jägerschaft und die Zoos sind beispielsweise mit den „rollenden Waldschulen“ und den „Zooschulen“ an Schulen und Kindergärten aktiv.

Tierrechte müssen in die Lehrpläne
In diesem Spannungsfeld zwischen der Freiwilligkeit der Lehrer, dem Druck der Lobbygruppen, dem Trend zu wirtschaftlicher Verwertbarkeit von Wissen sowie gedrängter Lehrpläne, hat die Tierschutzerziehung wenig Chancen. Experten bestätigen, dass die Themen Tierschutz und Tierrechte mit all ihren Facetten erst dann unterrichtet werden, wenn sie verpflichtend gelehrt und geprüft werden. Doch Tierschutz und Tierrechte sind ein gesamtgesellschaftlichen Bildungsauftrag. Deshalb setzen wir uns dafür ein, dass Tierschutz- und Tierrechte zum festen Bestandteil von Lehrplänen, Prüfungen, Lehrer-Ausbildung und Lehrmaterialien werden. Dazu treten wir an die politischen und gesellschaftlichen Entscheidungsträger heran. Nur so kann es gelingen, kritische und verantwortungsvolle Menschen zu erziehen, die die Missstände des herrschenden tierquälerischen Systems erkennen und verändern.

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